Der SPD-Politiker Olaf Scholz ist am Mittwoch vom Bundestag zum neuen deutschen Bundeskanzler gewählt worden. Wie Parlamentspräsidentin Bärbel Bas (SPD) mitteilte, stimmten 395 Abgeordnete für Scholz. Es gab 303 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen. Für die sogenannte Kanzlermehrheit notwendig waren 369 Stimmen. Die Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP verfügen zusammen über 416 Stimmen.

Scholz löst die bisherige deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. Er sollte nach der Abstimmung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier offiziell ernannt werden. Im Anschluss ist seine Vereidigung vor dem Parlament vorgesehen. Scholz leitet eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Auch die neuen Ministerinnen und Minister sollten noch am Nachmittag ihr Amt antreten.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) gratulierte Olaf Scholz zu dessen Angelobung als deutscher Bundeskanzler. "Ich freue mich auf unsere Zusammenarbeit zur weiteren Vertiefung der engen Beziehungen zwischen Österreich und Deutschland", schrieb er auf Twitter.

Auch SPÖ-Bundesparteivorsitzende Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner gratulierte Olaf Scholz am Mittwoch in einer Aussendung zur Wahl zum deutschen Bundeskanzler und zeigte sich erfreut über das Zustandekommen der SPD-geführten Ampel-Koalition. Scholz habe mit viel Erfahrung und Entschlossenheit eine Regierung mit sozialdemokratischem Profil geformt, so Rendi-Wagner. "Mit ihrem Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit steht die fortschrittliche Ampel-Koalition unter Kanzler Olaf Scholz für Aufbruch, Hoffnung und Zuversicht." Olaf Scholz sei als deutscher Kanzler "der richtige Mann am richtigen Ort", betont die SPÖ-Chefin. Jetzt gehe es unter anderem darum, gesellschaftliche Gräben zu überwinden.

Auch EU-Ratschef Charles Michel gratulierte Scholz zu seinem neuen Amt: "Alles Gute, lieber Olaf Scholz, zur Wahl als Bundeskanzler", schrieb Michel am Mittwoch auf Twitter. Er freue sich, zusammen an einem starken und unabhängigen Europa zu arbeiten. Zugleich dankte Michel, der als Ratschef die EU-Gipfel der Staats-und Regierungschefs leitet, der scheidenden Kanzlerin. "Mein Dank an dich, liebe Angela Merkel, für viele Jahre der vertrauensvollen Zusammenarbeit."

Orban sieht sich auf anderer Seite

Kritische Töne kamen hingeegn aus Ungarn: Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban sieht tiefe Gräben im Verhältnis zu Deutschland und auch zur neuen Bundesregierung. "Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite an Seite", schrieb der konservative Politiker in einem Gastbeitrag für die "Bild"-Zeitung.

Der chinesische Präsident Xi Jinping übermittelte chinesischen Staatsmedien zufolge ebenfalls dem SPD-Politiker seine Glückwünsche. Xi erklärte, er sei bereit, zusammen mit Scholz auf eine Vertiefung des Vertrauens zwischen beiden Ländern hinzuarbeiten.

Putin würdigt Merkel

Russlands Staatschef Wladimir Putin hat Scholz gratuliert und Merkel zu ihrem Abschied mit warmen Worten gewürdigt. "Ich rechne damit, mit Ihnen in einen konstruktiven Dialog zu treten und gemeinsam an aktuellen Themen der bilateralen und internationalen Agenda zu arbeiten", schrieb Putin am Mittwoch in einem Glückwunsch-Telegramm an Scholz. 

Putin bedankte sich in einem eigenen Telegramm bei Merkel für die Zusammenarbeit in den vergangenen 16 Jahren. Darin duzte er die CDU-Politikerin. "Wir waren ständig in Kontakt und haben versucht, selbst aus den schwierigsten Situationen Auswege zu finden."

Der Kremlchef würdigte zugleich: "In den Jahren an der Spitze der deutschen Regierung hast Du zu Recht eine hohe Autorität in Europa und in der ganzen Welt erworben."

Merkel und Schröder auf der Ehrentribüne

Auf der Ehrentribüne hatten die scheidende Kanzlerin Merkel, der frühere Kanzler Gerhard Schröder, der ehemalige deutsche Bundespräsident Joachim Gauck sowie etliche Mitglieder des neuen Kabinetts die Wahl verfolgt. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron würdigte Merkel zum Abschied mit einem Videogruß für ihr europäisches Engagement. "Danke, dass du die Lehren der Geschichte nie vergessen und so viel für und mit uns getan hast, um Europa voranzubringen", schrieb Macron am Mittwoch auf Twitter. Im Französischen fügte er noch ein "chère Angela", also "liebe Angela", hinzu. Macron teilte dazu ein Video, das etliche gemeinsame Auftritte der beiden in den vergangenen Jahren zeigte. (apa/dpa/afp/reuters)