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Moskau droht mit Raketenstationierung

Politik

Vor dem EU-Gipfel verschärft Russland den Ton im Ukraine-Konflikt. EU sucht auch Antworten auf Migrationsfragen.


Im Oktober waren es zwei Bundeskanzler, nun folgt der dritte. Wenn am Donnerstag die EU-Staats- und Regierungschefs in Brüssel zu ihrem regulären Dezember-Gipfeltreffen zusammenkommen, werden sie wieder einen neuen österreichischen Regierungschef begrüßen. Karl Nehammer folgt in diesem Amt auf Alexander Schallenberg und Sebastian Kurz, der noch am Westbalkan-Gipfel Anfang Oktober in Slowenien teilgenommen hatte.

Dennoch wird es wohl ein anderer Kollege sein, der mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen wird. Denn auch für Olaf Scholz ist der Auftritt im Kreis der Spitzenpolitiker als deutscher Bundeskanzler eine Premiere.

Nicht neu sind hingegen die Themen, die auf der Agenda stehen. Denn weder ist die Corona-Pandemie, die immer wieder abgestimmte Maßnahmen der EU-Mitglieder erfordert, vorbei, noch ist eine Antwort auf die Herausforderungen der Migration gefunden. Ebenfalls Gegenstand der Beratungen sollen die steigenden Energiepreise sein.

Schwierige östliche Partner

Zur Debatte stehen auch die Beziehungen der Gemeinschaft zu zwei benachbarten Staaten: Weißrussland und der Ukraine. Das wird schon tags zuvor, am morgigen Mittwoch, breiten Raum in den Diskussionen der Staats- und Regierungschefs einnehmen. Da ist nämlich ein Gipfel der östlichen Partnerschaft angesetzt. Zu den sechs Partnern gehören neben Belarus und der Ukraine Armenien, Aserbaidschan, Georgien und Moldawien. Allerdings hat Minsk seine Teilnahme in dem Forum Ende Juni ausgesetzt.

Die Themen Weißrussland und Migration sind eng miteinander verknüpft, seitdem Minsk Einwanderung missbraucht, um Druck auf die EU auszuüben, indem Flüchtlinge an die Grenze zur Union geschickt werden. Länder wie Polen und Litauen pochen daher auf weitere Sanktionen gegen Belarus und bauen ihre Grenzbefestigungen aus.

Dabei können sie auf - zumindest verbale - Unterstützung aus Österreich zählen. Schon als Innenminister hat Nehammer gefordert, die EU solle den Bau von Zäunen mitfinanzieren. Ein Rückzug von dieser Position ist ebenso wenig zu erwarten wie ein Abweichen von einem anderen Standpunkt: dass Österreich keine weiteren Flüchtlinge aufnehmen wolle. Was sein Vorgänger immer wieder betont hatte, wiederholte zuletzt der neue Leiter des Innenressorts, Gerhard Karner. Österreich werde sich daher nicht an einer EU-Initiative zur Aufnahme von rund 40.000 besonders schutzbedürftigen Menschen aus Afghanistan beteiligen.

In einem anderen Bereich wird Österreich jedoch als Vorreiter angesehen: bei der Einführung der Impfpflicht. Mittlerweile wird diese auch in Deutschland debattiert. Zwar wäre eine europaweite Verpflichtung nur äußerst schwer umzusetzen, dennoch versucht die EU, die Anreize zur Immunisierung zu verstärken. Zuletzt hatte die EU-Kommission vorgeschlagen, die Gültigkeit der Impfzertifikate - nach dem zweiten Stich - auf neun Monate zu begrenzen.

Weit zäher gestaltet sich aber das Ringen um Antworten auf den Russland-Ukraine-Konflikt. Noch dazu droht der Kreml jetzt, Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren.

Kreml will Nato-Garantien

Die russische Truppenkonzentration an der Grenze zur Ukraine lässt nicht nur in Kiew die Alarmglocken schrillen. Auch Nato und EU zeigen sich besorgt. Am Wochenende warnten die führenden westlichen Industrienationen Moskau vor einem Angriff auf die Ukraine. Solch einer würde "massive Konsequenzen" zur Folge haben, hieß es nach dem G7-Treffen in Liverpool. In Brüssel verkündete EU-Außenbeauftragter Josep Borrell am Montag, die EU würde gemeinsam mit den USA und Großbritannien mögliche Sanktionen gegen Russland prüfen.

Der Kreml reagierte mit einer Gegendrohung: Es werde militärische Maßnahmen geben, sollten USA und Nato keine Sicherheitsgarantien abliefern, dass das Militärbündnis nicht weiter nach Osten expandieren oder keine Waffensysteme nahe der russischen Grenze stationieren werde. Vize-Außenminister Sergej Ryabkow erklärte, Russland würde sich gezwungen sehen, nukleare Mittelstreckenraketen in Europa zu stationieren, wenn die Nato nicht deeskalieren werde. (czar)