Die Europäische Union will der Ukraine stärker helfen, dämpft aber die Hoffnungen des Landes auf einen schnellen EU-Beitritt. In einer Erklärung für den informellen EU-Gipfel in Versailles, die der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag vorlag, ist eher von einer engeren Anbindung die Rede. So sollen unabhängig von einer Beitrittsprüfung die Beziehungen gestärkt und die Partnerschaft mit der Ukraine vertieft werden, heißt es in dem Entwurf. EU-Diplomaten hatten statt einer Mitgliedschaft der Ukraine eine "Assoziierung plus plus" ins Gespräch gebracht. Dennoch wird betont: "Die Ukraine gehört zur europäischen Familie."
Auch zahlreiche Staats- und Regierungschefs äußerten sich vor Beginn des EU-Treffens in diesem Sinne. Man solle bei dem bisher beschlossenen Pfad bleiben, sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und verwies auf das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. "Es gibt keine Abkürzung. Einige Westbalkan-Länder bemühen sich seit zehn Jahren, EU-Mitglied zu werden - denken Sie an Albanien und Nordmazedonien", erklärte wiederum der niederländische Premier Mark Rutte. Auch sein österreichischer Kollege, Karl Nehammer, wies darauf hin, dass ein Beitrittsgesuch "extrem langwierig und sehr komplex" sei. Einige osteuropäische EU-Staaten dringen aber wie die Ukraine selbst auf eine schnelle Aufnahme des Landes nach dem Angriff Russlands.
Der Krieg in der Ukraine dominierte denn auch die Zusammenkunft in Versailles, die am Freitag fortgesetzt wird. Die Staaten wollten der Ukraine weitere Hilfe zusagen und Russland mit neuen Strafmaßnahmen drohen. "Wir werden sicherstellen, dass alle Sanktionen vollständig umgesetzt werden. Und wir sind bereit, mit weiteren Sanktionen schnell zu agieren, falls nötig", heißt es in dem Entwurf der Gipfelerklärung. Von Russland wird eine sofortige Waffenruhe im Krieg in der Ukraine verlangt.
Debatte um Investitionen in Verteidigung und Energie
Frankreichs Präsident und Gastgeber Emmanuel Macron kritisierte Russland scharf. Es gebe keinerlei Rechtfertigung für diesen Krieg. Macron warf Moskau auch den Einsatz tödlicher Waffen gegen Zivilisten mitten in Städten wie Mariupol vor. Er forderte, dass sich die EU für die Zukunft vor allem in den Bereichen Verteidigung und Energie wappnen und die Abhängigkeit von Russland reduzieren müsse.
Thema wird deshalb auch der französische Vorschlag für einen erneuten EU-Hilfstopf nach dem Vorbild des Corona-Wiederaufbaufonds sein, mit dem die europäische Verteidigung und Energie-Versorgungssicherheit gestärkt werden soll. Der Corona-Fonds hat ein Volumen von 750 Milliarden Euro, die EU-Kommission kann dabei selbst Kredite aufnehmen.
In etlichen EU-Staaten wie den Niederlanden stieß der französische Vorschlag aber auf Skepsis. Die deutsche Regierung hatte gerade auf nationaler Ebene ein 100 Milliarden Euro schweres Sondervermögen für die Bundeswehr beschlossen. Vorsichtige Zustimmung kam aber von Kanzler Nehammer. "Wenn man in der Krise investiert, wird vorgesorgt, dass es danach wieder Wachstum geben kann", meinte er. (Reuters)