Laut einem russischen Vertreter bei den Vereinten Nationen sind die westlichen Aussagen über die Gräueltaten in Butscha Lügen. Moskau werde dem UNO-Sicherheitsrat "empirische Beweise" vorlegen, die das bestätigen sollen. Zuvor waren am Montagabend in einem Keller der Stadt der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft zufolge die Leichen von fünf gefolterten Männern entdeckt worden. Es handle sich um "unbewaffnete Zivilisten", die von russischen Soldaten getötet worden seien.
Sie seien mit gefesselten Händen im Keller eines Kindersanatoriums in dem Kiewer Vorort gefunden worden. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden, teilte die Behörde im Onlinedienst Telegram mit.
Weltweites Entsetzen
Dazu veröffentlichte die Behörde Fotos. Die Ukraine beschuldigt die russische Armee, in Butscha ein "Massaker" an Zivilisten verübt zu haben. AFP-Reporter sahen am Wochenende auf einer Straße des Ortes mindestens 22 Leichen in ziviler Kleidung. Butscha war ab dem 27. Februar von der russischen Armee besetzt worden und blieb daraufhin über einen Monat lang weitgehend unzugänglich. Die Aufnahmen und Berichte aus dem Ort lösten weltweit Entsetzen aus.
Die Ukraine zählte im Gebiet rund um die Hauptstadt Kiew mehr als 400 tote Zivilisten und macht dafür die vor kurzem abgezogenen russischen Truppen verantwortlich. Moskau bestreitet das und spricht von einer "Fälschung".
Viele tote Zivilisten
Nach Worten des ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba sind die Gräueltaten von Butscha nur "die Spitze des Eisbergs" der von Russland begangenen Verbrechen. Daher seien härtere Sanktionen gegen Russland nötig, betonte Kuleba bei einer Pressekonferenz mit der britischen Außenministerin Liz Truss am Abend. "Sollte es Bedenken geben, schauen Sie sich Butscha an."
Bei der russischen Bombardierung der südlichen Stadt Mykolajiw wurden nach ukrainischen Angaben Montagfrüh mindestens zehn Zivilisten getötet. 46 Menschen seien verletzt worden, erklärte der Bürgermeister der Stadt, Oleksander Senkewitsch, in einer Videobotschaft. Die Zahl der Opfer könne noch steigen, warnte der Bürgermeister.
Mykolajiw liegt an der Straße zur größten ukrainischen Hafenstadt Odessa. Mykolajiw steht seit Wochen unter russischem Beschuss, konnte sich aber bis heute halten. Vor der russischen Invasion der Ukraine hatte Mykolajiw rund 475.000 Einwohner.
Nach ukrainischen Angaben bereiten die Russen einen "massiven Angriff" auf die Truppen in der östlichen Region Luhansk vor. Es werde Ausrüstung und Treibstoff gebracht sowie die Truppen verstärkt, teilte der Gouverneur der Region, Serhij Gaidaj, mit. "Wir glauben, dass sie sich auf einen massiven Angriff vorbereiten."
"Die Bombardements werden immer dichter", meinte Gaigaj per Video. Er forderte die Bewohner auf, die Region so schnell wie möglich zu verlassen. "Wartet nicht darauf, dass eure Häuser zerbombt werden", rief er die Menschen auf. Bei der Explosion einer Mine seien am Sonntag "zwei Freiwillige" getötet worden, erzählte er weiter. Beim Angriff auf eine Kirche wurden demnach zwei Priester verletzt.
Die ukrainischen Behörden gehen davon aus, dass sich die russischen Streitkräfte aus Gebieten im Norden der Ukraine, insbesondere um Kiew, zurückgezogen haben, um sich auf den Osten und Süden des Landes zu konzentrieren. Russland hatte seinerseits kürzlich angekündigt, dass es seine Offensive auf den Donbass konzentrieren werde, wo sich die Region Luhansk befindet. (apa/ afp/ reuters)