Bei den Kommunalwahlen in England haben die Konservativen des britischen Premierministers Boris Johnson ersten Ergebnissen zufolge schmerzhafte Verluste hinnehmen müssen. So konnte die oppositionelle Labour-Partei erstmals die Kontrolle über den Bezirksrat im Londoner Innenstadtbezirk Westminster erringen, in dem sich die Regierungsgebäude und viele Wahrzeichen der Stadt befinden.

Auch die Bezirke Barnet und Wandsworth gingen erstmals seit Jahrzehnten an die Sozialdemokraten. Zumindest symbolisch gilt das als schwere Niederlage für den Premier. "Das ist ein Warnschuss der konservativen Wähler", sagte der Tory-Vorsitzende des Bezirksrats von Barnet, Daniel Thomas. In anderen Teilen Englands waren die Verluste der Tories zunächst begrenzt.

Johnson übernahm die Verantwortung für die schlechten Ergebnisse. "Wir haben eine harte Nacht hinter uns in einigen Teilen des Landes, aber andererseits haben wir auch Zugewinne gemacht an Orten, die lange nicht, wenn überhaupt schon einmal, konservativ gewählt haben."

Labour-Chef Keir Starmer sprach von einem "gewaltigen Wendepunkt". Seine Partei, die bei der Parlamentswahl 2019 eine heftige Niederlage erlitten hatte, gewann unter anderem auch in der südenglischen Hafenstadt Southampton und dem neu geschaffenen nordwestenglischen Bezirk Cumberland. "Starmer sprach von einer "Botschaft" an Johnson.

Siegt Sinn Fein in Nordirland?

Auch in den anderen Landesteilen Großbritanniens wurde gewählt. In Schottland und Wales waren die Wähler am Donnerstag zur Wahl neuer Gemeinde- und Bezirksräte aufgerufen. In Nordirland wurde ein neues Regionalparlament bestimmt. Mit der Auszählung der Stimmen sollte aber erst am Freitag begonnen werden. Ein Ergebnis wurde im Laufe des Tages erwartet. Umfragen zufolge dürfte die katholisch-republikanische Partei Sinn Fein erstmals stärkste Kraft in der früheren Unruheprovinz Nordirland werden.

Die am Donnerstag abgehaltenen Wahlen in Tausenden Gemeinden und Bezirken sind der erste große Stimmungstest seitdem der sogenannte Partygate-Skandal Johnson massiv unter Druck gebracht hat. Der Unmut der Wähler entzündet sich an Vorwürfen, dass am Amtssitz des Premiers trotz geltender Corona-Lockdowns Partys gefeiert wurden. Aber auch die drastisch gestiegenen Lebenshaltungskosten stehen im Fokus. Ein schwaches Wahlergebnis könnte auch Johnsons Kritikern in den eigenen Reihen Auftrieb geben, die an seiner Mehrheitsfähigkeit bei der bis Ende 2024 anstehenden Parlamentswahl zweifeln. (apa, dpa, reu)