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"Wir luden die Twitter-Seite der BBC immer wieder neu"

Von Maria Hofer

Politik

Die Augen der ganzen Welt waren in den vergangenen Tagen auf Schottland gerichtet. Eindrücke einer österreichischen Austauschstudentin.


Die Universität St. Andrews, an der Ostküste Schottlands gelegen, steht in enger Verbindung mit dem britischen Königshaus. Sie ist der Ort, an dem sich William und Kate während ihres Studiums kennenlernten, und erst diesen September begann die jüngste Enkelin der verstorbenen Queen, Lady Louise Windsor, dort Englisch zu studieren. Als ich mein Auslandssemester an der ältesten Universität Schottland begann, waren mir all diese Verbindungen bewusst. Nicht bewusst war mir allerdings, dass ich nur fünf Tage nach meiner Ankunft einen beispiellosen historischen Moment britischer und globaler Geschichte miterleben würde.

Über den Gesundheitszustand der Queen gab es schon lange Spekulationen. Seit Jahren war das Thema, wie lange sie noch leben würde, in der Bevölkerung allgegenwärtig. Gerüchte wurden verbreitet, leicht geschmacklose Wetten abgeschlossen, und trotzdem schien die Monarchin unsterblich. Auch als am 8. September um die Mittagszeit Buckingham Palace verkündete, die Ärzte sorgen sich um den Gesundheitszustand der Queen, wollte niemand so recht glauben, dass ihr Ende nah sein könnte. Die Nachricht ihres Todes kam also trotz ihres hohen Alters unerwartet und war in ihrer Bedeutung nicht zu übertreffen.

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Ein befreundeter Student verfolgte die Nachrichten über Radio, meine Mitbewohnerinnen und ich luden die Twitter-Seite des BBC immer wieder neu. Später würden wir sagen, es fühlte sich wie eine Kriegsberichterstattung an, möglicherweise ähnlich monumental wie der Beginn der Corona-Pandemie. Die Welt, wie wir sie kannten, würde nicht mehr dieselbe sein. Wie groß die Veränderung nach 70 Jahren sein würde, offenbarte sich schon in den ersten Tagen nach dem Tod Elisabeth II. Fernsehmoderatoren versprachen sich unzählige Male, das männliche "King" wollte nicht so leicht von der Zunge gehen wie das Jahrzehnte lang eingeübte "Queen".

In den kommenden Wochen und Monaten müssen Gesetzestexte umgeschrieben und Banknoten geändert werden, Millionen Menschen werden zum ersten Mal in ihrem Leben "God Save the King" singen. Den Gottesdienst in der presbyterianischen Kirche St. Salvadors in St. Andrews am Sonntag nach dem Tod der Queen eröffnete der Pastor mit den Worten, alle seien willkommen, unabhängig von Glaube, Nationalität und Ethnie, um gemeinsam zu trauern. Diese Strahlkraft über Grenzen jeglicher Art schien bezeichnend für das Leben Elizabeths. Ob Charles dies weiterführen kann, wird essentiell für den Fortbestand der Monarchie sein.

King Charles und die britische Jugend

Die Unterstützung der Monarchie ist bei der britischen Jugend auf einem Tiefpunkt. Nur ein Drittel der unter 24-Jährigen zieht die existierende Staatsform einer mit einem gewählten Staatsoberhaupt vor. Die Reaktionen auf den Tod Elisabeth II. variierten daher stark. In den sozialen Medien wurde von vielen Seiten Tribut gezollt, gleichzeitig meldeten sich vereinzelt kritische Stimmen zu Wort, Artikel über die Festnahme einiger Demonstranten wurden geteilt. Diese Meldungen wurde vom "Guardian" bestätigt. Eine Gemeinsamkeit haben all die Stimmen zum Tod der Queen allerdings: Sie offenbaren die Veränderungen, die dieses Ende einer Ära unbestreitbar bringt.

Die Welt hat eine Konstante verloren, und das Vereinigte Königreich ihr Bindeglied. Unabhängigkeitsbestrebungen werden unter King Charles wohl an Tempo zulegen.Ob Charles als neuer König einen ähnlichen Status erreichen kann wie seine Mutter, ist zu bezweifeln. Bei all den Respekt- und Unterstützungsbekundungen, die dem neuen König im Moment entgegengebracht werden, bleibt ein Problem tief in der britischen Bevölkerung verankert. Den Umgang mit Diana hat man weder ihm noch seiner langjährigen Geliebten und nun Ehefrau und Königin, Camilla, vergeben.

Besonders bei der Generation mittleren Alters ist die Erinnerung an die "Königin der Herzen" allgegenwärtig. Genau diese Generation wird Charles für sich gewinnen müssen, um ein Weiterbestehen der Monarchie in den nächsten Jahrzehnten zu sichern.