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Van der Bellen: "Ich finde es wichtig, dass wir sichtbar die Ukraine unterstützen"

Von Thomas Seifert aus Uschhorod

Politik
Bundespräsident Van der Bellen besuchte eine Rot-Kreuz-Klinik in Uschhorod in der Ukraine.
© Thomas Seifert

Bei seinem Ukraine-Besuch sprach der Bundespräsident darüber, warum sich für Österreich Waffenlieferungen verbieten, aber humanitäre Hilfe umso wichtiger ist.


Bundespräsident Alexander Van der Bellen beweist sein Auge für Details: "Ah, der Rettungswagen ist aus Güssing", sagt er und deutet auf das Nummernschild. Das Nummernschild ist ukrainisch, aber auf dem Rahmen der KfZ-Werkstatt, auf dem es aufgebracht ist, steht der Name einer Güssinger KfZ-Werkstatt.

Krankenwagen aus Güssing

In Uschhorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn hilft das Österreichische Rote Kreuz beim Betrieb und der Finanzierung eines lokalen Gesundheitszentrums. Ludmila Sorokina, Leiterin der Klinik, erklärt beim Besuch des österreichischen Bundespräsidenten am Donnerstag, dass insgesamt drei Rettungsautos aus Österreich geliefert worden sind, weitere Fahrzeuge wurden von der Slowakei gespendet. Zur Unterstützung des lokalen medizinischen Systems wurden drei Minikliniken und acht mobile Sanitätsbrigaden geschaffen, sagt sie.

Der Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, Michael Opriesnig, ergänzt: "Dieses Projekt ist ein wunderbares Beispiel für den gesamten Umfang unserer Dienstleistungen, die wir hier anbieten." Opriesnig spricht damit an, dass es in Uschhorod nicht nur um medizinische Hilfen geht, sondern um ein ganzes Bündel von Hilfsmaßnahmen für Binnenvertriebene, die vor dem russischen Angriffskrieg in den Westen der Ukraine flüchten mussten. Der Hilfsbedarf ist enorm, liegt doch die Zahl der Binnenvertriebenen in der Ukraine bei insgesamt rund 5,9 Millionen Menschen.

Van der Bellen lobte das Rote Kreuz für seine rasche Einsatzbereitschaft vor einem Jahr. Der Krieg habe am 24. Februar begonnen, das Rote Kreuz sei bereits ab März im Einsatz gewesen. "Die Organisationsfähigkeit des Roten Kreuzes über die Grenzen hinweg ist schlicht beeindruckend", sagte Van der Bellen und betonte: "Ich finde es wichtig, dass wir sichtbar die Ukraine unterstützen, im medizinischen Bereich, bei simplen Dingen wie der Lieferung von Krankenwagen, bei der Spende von Feuerwehrautos, im Schulbereich und bei Renovierungen von Gebäuden."

Van der Bellen beendete in Uschhorod am Donnerstag auch seinen Besuch in der Ukraine, bei dem die humanitäre Hilfe eines der zentralen Themen war. Waffen könne Österreich aufgrund der in der Verfassung verankerten Neutralität nicht an die Ukraine liefern. Das hatte Van der Bellen am Mittwoch bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erklärt. Selbst eine Hilfe des Bundesheeres bei der Entminung, wie sie Selenskyj erbeten hatte, sei nicht denkbar.

"Keine Friedenstaube"

Waffenlieferungen seien zudem aus einem zweiten Grund nicht möglich, sagte der Bundespräsident und Oberbefehlshaber des Bundesheeres: "Wir in Österreich müssen gestehen, unsere Armee nach zehn Jahren finanzieller Aushungerung so vernachlässigt zu haben, dass ich nicht wüsste, welche Waffen wir liefern könnten." Als Vermittler stehe Österreich aber jederzeit zur Verfügung, er sei aber eher pessimistisch, was eine Friedensperspektive betrifft: "Vielleicht hatte ich am Rande gehofft, ein Gefühl über eine Friedensperspektive, über das Ende des Krieges zu kriegen. Das könnte ich jetzt nicht behaupten. Ich sehe im Moment keinerlei Friedenstaube irgendwo fliegen, die eine diplomatische Initiative ermöglichten würde."

Seit Kriegsbeginn wurden von Österreich 118 Millionen Euro staatliche Hilfe zur Verfügung gestellt, dazu seien allein über die Spendenaktion "Nachbar in Not" bisher über 55 Millionen Euro zusammengekommen. Die Ukraine wird noch viele Jahre auf Unterstützung aus dem Ausland angewiesen sein: Der Rotkreuz-Mitarbeiter Oleksandr Bodnar erzählt am Rande des Besuchs des Bundespräsidenten in Uschhorod, dass es in der Stadt aufgrund der Angriffe der russischen Armee auf Elektrizitätseinrichtungen 16 Stunden am Tag keinen Strom gibt. Allein die Wiederherstellung der flächendeckenden Stromversorgung in der Ukraine wird zig Millionen Euro kosten.