Wenige Tage nach seiner Visite von Armeestellungen bei Bachmut hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Montag einen weiteren Frontbesuch absolviert. "Region Saporischschja, Positionen an der Front", teilte Selenskyj auf seiner Facebook-Seite mit. "Ich bin jedem einzelnen unserer Krieger dankbar, die die Ukraine verteidigen, unsere Souveränität, unsere Städte, und unsere Kinder. Wir werden bestimmt siegen."
Wie schon bei seinem Frontbesuch am vergangenen Mittwoch überreichte Selenskyj auch diesmal staatliche Auszeichnungen an verdiente Soldaten. Der Präsident zeigte sich "geehrt", an der Seite der Armeeangehörigen sein zu dürfen, meldete die Nachrichtenagentur Ukrinform. Die politische und militärische Führung der Ukraine ist in jüngster Zeit wegen der äußerst verlustreichen Kämpfe in Bachmut unter Druck geraten. Vor diesem Hintergrund kündigte die Armeeführung eine baldige Offensive bei Bachmut an.
Der Chef der Landstreitkräfte, Oleksandr Syrskyj bekräftigte indes den unbedingten Willen der Armee, die von drei Seiten umzingelte Stadt zu halten. Die Verteidigung Bachmuts sei eine "militärische Notwendigkeit", sagte Syrskyj nach Angaben der Nachrichtenagentur Ukrinform am Montag. Zuvor hatte die Militärverwaltung zur Evakuierung der südlich gelegenen Stadt Awdijiwka aufgerufen.
Die Schlacht zur Verteidigung Bachmuts sei derzeit in der "intensivsten Phase", sagte Syrskyj nach einem Besuch an der Frontlinie. Die Lage sei "herausfordernd". Obwohl der Feind bedeutende Verluste an Personal, Waffen und Ausrüstung erleide, führe er weiterhin Angriffe durch. "Unsere Verteidiger halten die Angriffe heldenhaft unter äußerst schwierigen Bedingungen zurück und geben dem Feind keine Möglichkeit, seine Vorhaben umzusetzen", sagte der Spitzenmilitär.
Präsident Wolodymyr Selenskyj berichtete indes von einem russischen Angriff auf die Stadt Slowjansk mit mehreren zivilen Opfern. "Die Ukraine wird Misshandlungen unserer Leute, diese Toten und Verletzten nicht verzeihen", schrieb der 45-Jährige am Montag in sozialen Netzwerken. Alle "russischen Terroristen" würden zur Verantwortung gezogen. Dazu veröffentlichte der Staatschef ein Video mit brennenden Autos und Trümmern aus der Großstadt.
Zuvor waren mehrere Raketen in Slowjansk und im südlicher gelegenen Druschkiwka im Gebiet Donezk eingeschlagen. Mehrere Verwaltungs- und Bürogebäude und Wohnhäuser wurden zerstört. Behördenangaben zufolge wurden mindestens zwei Menschen getötet, weitere 29 wurden verletzt. Die Frontlinie liegt knapp 25 Kilometer von Slowjansk entfernt.
In der russisch besetzten Schwarzmeer-Stadt Mariupol kam es indes offenbar zu einem ukrainischen Partisanenangriff. Wie der legitime Bürgermeister Mariupols, Wadym Bojtschenko, berichtete, explodierte das Auto eines russischen Kommandanten. Der Bombenangriff sei von Mitgliedern der Widerstandsbewegung in Mariupol durchgeführt worden. Medienberichten zufolge wurde der russische Kommandant nur leicht verletzt.
Der Chef der ukrainischen Militärverwaltung in Awdijiwka rief die Bewohner der Stadt zur Evakuierung auf. "Ihr müsst gehen, ihr müsst eure Sachen packen, vor allem mit euren Kindern", schrieb der Leiter der Militärverwaltung der Stadt, Witali Barabasch, am Montag auf Telegram. "Es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber Awdijiwka gleicht immer mehr einem Ort aus postapokalyptischen Filmen."
Die Evakuierung der noch in der Stadt verbliebenen Mitarbeiter von Versorgungsunternehmen habe begonnen und der Mobilfunkempfang werde bald abgeschaltet, "weil es in der Stadt Spitzel der russischen Besatzer gibt." Am Sonntag beschoss Russland laut ukrainischen Angaben zwei Hochhäuser in Awdijiwka. Offiziellen Angaben zufolge leben noch etwa 2.000 Zivilisten in Awdijiwka in der Region Donezk, etwa 90 Kilometer südwestlich des umkämpften Bachmuts. Die Stadt zählte vor dem Krieg mehr als 30.000 Einwohner. Russland bestreitet, in dem seit 13 Monaten andauernden Krieg gegen sein Nachbarland Zivilisten ins Visier genommen zu haben.
Panzer aus Deutschland angekommen
Die Ukraine hat zur Abwehr des russischen Angriffs 18 moderne Kampfpanzer Leopard 2A6 aus Deutschland erhalten. "Ja, wir haben die Leopard-Panzer geliefert, wie angekündigt", sagte der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag in Rotterdam bei einer Pressekonferenz mit dem niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Berlin kamen auch Munition und Ersatzteile sowie zwei Bergepanzer Büffel in der Ukraine an.
Sie folgten auf 40 Schützenpanzer vom Typ Marder, die bereits in dem Land sind. "Unsere Panzer sind wie versprochen pünktlich in den Händen unserer ukrainischen Freunde angekommen. Ich bin mir sicher, dass sie an der Front Entscheidendes leisten können!", erklärte der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius. Gemeinsam mit Schweden und Portugal habe die Bundesregierung einen Gefechtsverband zugesagt. Pistorius sagte: "Um das einzulösen, hat Deutschland sogar vier Panzer mehr geliefert als zuerst geplant. Auf uns ist Verlass!" (apa, reuters)