Es könnte ein besonderer Besuch werden. Das zeichnet sich schon ab, bevor König Charles III. und Queen Camilla am Mittwoch nach Deutschland kommen. Ihre Gastgeber, der deutsche Präsident Frank-Walter Steinmeier, misst der Visite herausragende Bedeutung zu. Aus Steinmeiers Sicht geht es sogar darum, ein "neues Kapitel in den deutsch-britischen Beziehungen aufzuschlagen".


Charles gilt zwar als sehr guter Kenner Deutschlands, wo er bereits rund 40 Mal war. Erstmals kommt er jedoch in seiner neuen Rolle als König- und das noch vor seiner Krönung am 6. Mai. "Dieser frühe Besuch unterstreicht die enge und herzliche Freundschaft zwischen unseren Ländern und unseren Bürgerinnen und Bürgern", sagte Steinmeier. Es wird auch die erste Auslandsreise von Charles nach seiner Ernennung zum König im September sein. Frankreich, das ursprünglich als erste Station vorgesehen war, wurde wegen der dortigen Protestwelle kurzfristig vom Reiseplan gestrichen.

Schon der Empfang am Flughafen wird ungewöhnlich sein: 21 Schuss Salut bekommt nur selten ein Gast. Eine Premiere wird im Anschluss die Begrüßung mit militärischen Ehren direkt nach der Fahrt in die Hauptstadt. Nicht wie üblich vor dem Schloss Bellevue oder dahinter im Park soll diese stattfinden, sondern am Wahrzeichen Berlins, dem Brandenburger Tor.

Der erste inhaltliche Programmpunkt zielt auf die Zukunft ab: Charles wird an einem Empfang im Schloss Bellevue zum Thema Energiewende und Nachhaltigkeit teilnehmen, zu dem Akteure aus Politik, Forschung, Wirtschaft und Zivilgesellschaft eingeladen sind. Am Donnerstag wird der Monarch eine Rede im Deutschen Bundestag halten. Um die Mittagszeit, zwischen Debatten über die Unterbringung von Flüchtlingen und über den Bundeswehr-Einsatz im Südsudan, wird Charles III. zu den Abgeordneten sprechen.

Zuletzt wandte sich Charles im November 2020 an die Abgeordneten. Er hielt beim zentralen Gedenken zum Volkstrauertag eine Rede, in der er die tiefe Partnerschaft zwischen Großbritannien und Deutschland beschwor. "Wir werden immer Freunde, Partner und Verbündete sein", sagte er damals.

Gemeinsame Überwachung des Luftraums

Dieser Gedanke liegt auch über dem ganzen Besuch jetzt. Die Stimmung zwischen Großbritannien und der Europäischen Union - und damit auch mit Deutschland - war wegen des Brexits zeitweise erheblich eingetrübt. Doch mit diesem Besuch lasse man die "Wirren der Trennung" in den Hintergrund treten und schaue gemeinsam wieder nach vorn, heißt es in der deutschen Präsidentschaftskanzlei.

Als Beleg dafür wird auch die gemeinsame Hilfe für die Ukraine angeführt. Steinmeier weist immer wieder darauf hin, dass Deutschland und Großbritannien in Europa die größten militärischen Unterstützer des von Russland angegriffenen Landes seien. Auch zum Schutz Osteuropas arbeiten sie eng zusammen. Soeben hat sich Steinmeier in Estland die gemeinsame Überwachung des Luftraums über dem Baltikum durch deutsche und britische Eurofighter angeschaut.

Zusammen mit König Charles wird Frank-Walter Steinmeier in Finowfurt nördlich von Berlin Soldatinnen und Soldaten des deutsch-britischen Pionierbrückenbataillons 130 besuchen. Gerade sicherheitspolitisch stehe man enger denn je seit dem Brexit zusammen, heißt es im Bundespräsidialamt.

Steht dieser Programmpunkt für die Gegenwart der Beziehungen, so folgt am dritten Tag ein Blick in die - dunkle - Vergangenheit. Erster Besuchspunkt in Hamburg ist das Denkmal "Kindertransport - der letzte Abschied". Die Bronzeplastik am Bahnhof Hamburg Dammtor erinnert an die Transporte jüdischer deutscher Kinder in der NS-Zeit nach Großbritannien.

Anschließend will Charles an der Ruine von St. Nikolai einen Kranz niederlegen. Die im Zweiten Weltkrieg im alliierten Bombenhagel weitgehend zerstörte Kirche ist heute Hamburgs zentrale Gedenkstätte für die Opfer des NS-Regimes.

Gastgeber Steinmeier wird Charles alle drei Tage begleiten - auch dies alles andere als üblich bei Staatsbesuchen. (dpa)