Nach dreitägigen Beratungen hat die Ampel-Koalition am Dienstagabend ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Durchsetzung der Klimaschutzziele und zur Planungsbeschleunigung in Deutschland vorgestellt. Zum einen sollen Planungen sowohl beim Straßen- und Schienennetz massiv beschleunigt werden, sagten die Parteivorsitzenden von SPD, Grünen und FDP. Zum anderen wird nach Angaben von Finanzminister Christian Lindner (FDP) der Naturschutz grundlegend reformiert.
Die Fraktionen einigten sich nach Angaben von SPD-Vorsitzendem Lars Klingbeil zudem auf einen sozialen Ausgleich beim Umstieg von Gas- und Ölheizungen auf klimafreundlichere Heizungen. Die Ampel-Beschlüsse haben laut Lindner keine größeren Auswirkungen auf den Haushalt. Die Kosten für den Umbau der Heizungen würden aus dem Klima- und Transformationsfonds genommen. Grünen-Chefin Ricarda Lang sprach von einem massiven Ausbau der Schiene und einem begleitenden Solarprogramm für Autobahnen. Die Lkw-Maut werde ab 2024 erhöht, und 80 Prozent davon würden in den Ausbau der Schiene fließen.
Mehr Tempo bei E-Ladestationen
Ein wichtiges Element der Einigung ist die Veränderung des Klimaschutzgesetzes. "Die reine Sektor-Orientierung überwinden wir", sagte FDP-Chef Lindner vor allem mit Blick auf die stockende Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Verkehrssektor. "Wir sorgen dafür, dass sich die Sektoren gegenseitig helfen können." Man schaue nicht mehr jährlich auf die Ziele und blicke nicht mehr zurück, sondern nach vorne bis etwa zum Jahr 2030. Grünen-Chefin Lang betonte aber, dass die Sektorziele als Prinzip des Gesetzes erhalten blieben. Künftig soll es auch möglich sein, dass bei Baumaßnahmen statt der Bereitstellung von Ersatzflächen Geldzahlungen geleistet würden, erklärte Lindner.
Die Ampel-Koalition will zudem bei der Einrichtung von E-Ladestationen mehr Tempo machen. Betreiber von Tankstellen sollen gesetzlich verpflichtet werden, "binnen fünf Jahren mindestens einen Schnellladepunkt pro Tankstelle zu errichten", heißt es im Papier des Koalitionsausschusses. Für die Betreiber kleiner Tankstellen werde es aber eine Sonderregelung geben.
Ampel räumt Differenzen ein – und aus
Lang und Klingbeil räumten erhebliche Differenzen in der Ampel-Koalition in den vergangenen Wochen ein. Die drei Parteien seien so unterschiedlich, dass sie letztlich für die gesamte Gesellschaft Kompromisse ausgehandelt haben, befand die Grünen-Chefin. Sie kritisierte wie Klingbeil den ruppigen Umgangston durch alle drei Parteien. "Ich hatte nie Bedenken, was die Vertrauenswürdigkeit der Partner anbelangt", stellte wiederum Lindner zum Abschluss der gemeinsamen Pressekonferenz fest.
Ein Teil der Differenzen ging auf den Streit zurück, ob die Planungsbeschleunigung nur für die Schiene oder auch für Straßenprojekte gelten sollte. Lindner sprach von 144 Autobahn-Projekten, für die es nun ebenfalls eine Planungsbeschleunigung geben solle. Lang verwies auf die nötige Kombination mit Solar-Anlagen entlang der Autobahn.
Zuvor hatte bereits Kanzler Olaf Scholz von "sehr, sehr, sehr guten Ergebnissen" berichtet. "Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass wir ein großes Werkstück zustande bringen", hatte der SPD-Politiker gesagt. Es sei nun wichtig, dass man als viertgrößte Volkswirtschaft der Welt alles richtig mache. Es gehe um eine Tempo-Beschleunigung der Entscheidungen. "Deshalb ist die Mühe sinnvoll. Es wird sich gelohnt haben", bekräftigte er. (reu)