Wenige Tage vor dem geplanten Abschalten der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland hat die CSU die deutsche Regierung aufgefordert, diese Entscheidung zu korrigieren. "Wir sollten die Tür für die Weiternutzung der Kernenergie offen lassen", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der dpa in Berlin. Es gebe jetzt noch die Möglichkeit, neue Brennstäbe zu bestellen, um die drei Meiler im kommenden Winter bei hohem Energiebedarf wieder ans Netz gehen zu lassen.
"Deswegen fordere ich die Bundesregierung auf, die notwendige Entscheidung zur Brennstoffbeschaffung zu treffen, damit wir im nächsten Winter keine Blackouts erleben", sagte Dobrindt. Im gerade zu Ende gegangenen Winter hätten nur das relativ milde Wetter und der stark wehende Wind mögliche Blackouts verhindert. "Dieser Winter gibt ein vollkommen trügerisches Gefühl vermeintlicher Sicherheit. Eine Garantie für die nächsten Winter gibt es nicht."
Das Abschalten der drei Kernkraftwerke Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland zum 15. April sei und bleibe ein Fehler, der sich bitter rächen könne. "Übrigens nicht nur aus energiepolitischer, auch aus klimapolitischer Sicht bleibt diese Entscheidung falsch."
Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke hätten eigentlich schon Ende vergangenen Jahres vom Netz gehen sollen. Dies sah der Zeitplan für den Atomausstieg vor, den die schwarz-gelbe Bundesregierung unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel nach der Atomkatastrophe von Fukushima am 11. März 2011 beschlossen hatte. Wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine und der dadurch ausgelösten Energiekrise entschied die Ampel-Koalition im vergangenen Jahr jedoch, die drei Meiler über den Winter weiterlaufen zu lassen.
Am 15. April sollen sie nun aber endgültig heruntergefahren werden. Damit endet nach fast 63 Jahren die Stromgewinnung aus Atomkraft in Deutschland. Als erstes kommerzielles Kernkraftwerk war der Meiler im unterfränkischen Kahl im November 1960 in Betrieb gegangen, seit Juni 1961 speiste er Strom ins Netz ein.
Dobrindt warnte vor den langfristigen Folgen, die ein Atomausstieg haben werde. Deutschland werde seine Kernenergie-Experten verlieren, neue würden nicht nachkommen. "Somit verabschiedet sich Deutschland in der Welt nicht nur aus der Nutzung der Kernenergie, sondern auch komplett aus Forschung und Entwicklung." Das werde dazu führen, dass Deutschland bei Kernkraftwerken der nächsten Generation oder bei der Kernfusion überhaupt keine Rolle mehr spielen werde.
"Für ein Hochtechnologieland wie Deutschland ist es vollkommen fahrlässig, sich aus ideologischen Gründen aus Zukunftstechnologien zu verabschieden. Damit verlieren wir jeglichen Einfluss auf diese Technologien und auch auf die dazu gehörenden Sicherheitsaspekte", kritisierte der CSU-Politiker. (apa)