Die EU-Kommission will den Schuldenabbau flexibler gestalten und stärker auf individuelle Umstände der EU-Staaten eingehen. Die Maastricht-Obergrenzen von maximal drei Prozent Defizit und 60 Prozent Gesamtverschuldung bleiben zwar unverändert, wie die Brüsseler Behörde am Mittwoch mitteilte. EU-Staaten sollen aber nationale Pläne vorlegen, in denen sie ihre finanzpolitischen Ziele, Maßnahmen zur Schuldenreduktion sowie Reformen und Investitionen für vier Jahre erarbeiten.
Diese Pläne würden von der EU-Behörde bewertet und von den Mitgliedsländern auf der Grundlage gemeinsamer EU-Kriterien gebilligt werden, hieß es weiter. Die EU-Kommission will für jeden EU-Staat, der über den Maastricht-Kriterien liegt, einen "technischen Zielpfad" festlegen.
Bereits im Herbst hatte die EU-Kommission ihre Pläne dazu skizziert. Am Mittwoch stellten EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis und EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni in Brüssel die konkreten Vorschläge vor.
Schutzklauseln
Die EU-Kommission will auch Schutzklauseln einführen. Demnach muss der öffentliche Schuldenstand im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt am Ende der Laufzeit des Plans niedriger sein als zu Beginn des Zeitraums. Auch wird eine Mindestanpassung der öffentlichen Finanzen in Höhe von 0,5 Prozent des BIP pro Jahr als Richtwert, solange das Defizit über 3 Prozent des BIP bleibt, erwartet. Die "fiskalischen Anstrengungen" dürften sich nicht auf Jahre später verschieben, erklärte die EU-Behörde in einer Aussendung.
Allgemeine und länderspezifische Ausweichklauseln würden Abweichungen von den Ausgabezielen ermöglichen, etwa im Fall eines schwerwiegenden Wirtschaftsabschwungs oder bei außergewöhnlichen Umständen. Dann entscheiden die EU-Staaten auf Empfehlung über die Aktivierung und Deaktivierung deser Klauseln. Dies fand bereits Anwendung: Die in der Coronakrise eingeführten Ausnahmen von den strengen EU-Schuldenregeln sollen erst zum Jahresende auslaufen.
Österreich erfüllt derzeit keine Regelung
Österreich erfüllt derzeit weder die Defizit- noch die Schuldenregelung. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zeigte sich zuletzt dennoch zuversichtlich. Das Ziel sei bis 2026 eine Neuverschuldung von 1,6 Prozent und eine Schuldenquote in Richtung 70 Prozent der Wirtschaftsleistung, sagte Brunner Anfang März. Österreich machte sich vor allem für die Beibehaltung der Maastricht-Kriterien stark.
Damit die neuen Regeln gelten, müssen sich die EU-Staaten und das EU-Parlament darüber verständigen. Die Mitgliedsländer forderten eine solche Verständigung noch 2023, Beobachter halten das allerdings für unrealistisch. (apa)