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Des Königs alte Kleider

Von Michael Schmölzer

Politik

Die Krönung von Charles III. wird nicht so opulent wie die seiner Mutter 1953. Es wird trotzdem sehr traditionell zugehen.


Die britische Monarchie ist nicht mehr das, was sie einmal war: Zumindest was die Krönungszeremonie für King Charles III. betrifft, die am Samstag im London über die Bühne geht. Im Vergleich zu dem Aufwand, der 1953 für seine Mutter, Queen Elizabeth II., betrieben wurde, ist das Event bewusst klein gehalten. Statt 30.000 Soldaten marschieren diesmal nur 7.000 auf, die Gästeliste ist beträchtlich kürzer und die Prozessionsroute gekappt: Zog Elizabeth seinerzeit noch mehr als sieben Kilometer kreuz und quer durch die Londoner Innenstadt, werden es bei Charles nur gut zwei Kilometer sein.

Das Königshaus wird von den meisten Briten zwar immer noch geliebt, muss aber streng auf sein Image achten. Zuviel teure Opulenz - das könnte sich in den schlechten Zeiten, in denen man lebt, bitter rächen. Zumal die Monarchie auch als antiquiert gilt, die Protagonisten für Skandale sorgen und regelmäßig öffentliche Prügel einstecken müssen. Die britischen Meinungsumfragen signalisieren ein klar nachlassendes Interesse an der Monarchie.

Prinz Harry kann dabei sein

Doch das darf diesen Samstag vorerst keine Rolle spielen: Hunderttausende Zuseher werden im Zentrum von London die Strecke säumen, um einen Blick auf King Charles und seine Frau Camilla zu erhaschen. Hartgesottene Fans haben sich längst die besten Plätze gesichert, um die Prozession zur Westminster Abbey und zurück aus nächster Nähe zu verfolgen. Schon Anfang Mai haben die ersten ihr Lager an der Route aufgeschlagen. Um sich die besten Plätze zu sichern, campieren sie, ausgerüstet mit Toilettenpapier, Snacks und Polstern, unter freiem Himmel.

Die Sicherheitsvorkehrungen sind umfassend: Außer für Polizei- und registrierte Medien-Hubschrauber herrscht generelles Flugverbot über weiten Teilen der Stadt. Informationen der "Times" zufolge nimmt man derzeit auch schon jede Menge "Unruhestifter vorsorglich fest". Und das in einem Land, in dem die Meinungsfreiheit heilig ist. Es wird zwar lautstarke Proteste geben, die Behörden achten aber genau darauf, dass der Ablauf der Festlichkeiten nicht gestört wird. Die Londoner Polizei prüft sogar den Einsatz einer umstrittenen Live-Gesichtserkennungstechnik.

Für viele die spannendste Frage ist wohl, wer an der Zeremonie in Westminster Abbey teilnehmen darf und wer draußen bleiben muss. Auf der Gästeliste steht Prinz Harry, der nach seiner Heirat mit Meghan Markle auf Distanz zum Königshaus gegangen war und jetzt in den USA lebt. Nach monatelangen Verhandlungen ist klar, dass er kommen darf - allerdings ohne seine Gattin, die mit den beiden Kindern in Kalifornien bleibt. In Folge muss Sohn Archie seinen vierten Geburtstag, der auf den Tag der Krönung seines Großvaters fällt, ohne den Vater feiern.

US-Präsident Joe Biden ist zu den Feierlichkeiten eingeladen, lässt sich aber durch First Lady Jill Biden vertreten. Das ist üblich, da nach Angaben aus London und Washington noch nie ein US-Präsident an der Krönung eines britischen Monarchen teilgenommen hat. Immerhin handelt es sich hier immer noch um den ehemaligen Kolonialherren, die Vereinigten Staaten mussten sich in einem blutigen Krieg befreien und feiern ihrerseits die Unabhängigkeit jährlich am 4. Juli als großes Fest. Biden und König Charles hätten ein "gutes Verhältnis", hieß es, Biden habe bereits eine Einladung des Königs zu einem Staatsbesuch angenommen.

In erster Linie wird freilich gekrönten Häuptern aus aller Welt die Ehre zuteil, unmittelbar an der Zeremonie teilnehmen zu dürfen. Geladen sind König Felipe VI. und Königin Letizia von Spanien, Prinz Albert und Prinzessin Charlene von Monaco, Kronprinz Frederik und Kronprinzessin Mary von Dänemark, König Abdullah und die charmante Königin Rania von Jordanien und der japanische Kronprinz Fumihito mit Kronprinzessin Kiko.

In den Reihen der Staats- und Regierungschefs befindet sich nicht zuletzt Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, der australische Premier Anthony Albanese, Polens Präsident Andrzej Duda, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der philippinische Präsident Ferdinand Marcos Junior geben sich ebenfalls die Ehre. Der britische Premierminister Rishi Sunak darf natürlich auch nicht fehlen, aus dem Reich der Mitte wird Vizepräsident Han Zheng anreisen.

Nicht eingeladen sind Persönlichkeiten wie Sarah Ferguson, die Ex-Frau von Prinz Andrew, die für ihre peinlichen Auftritte und ebensolchen Äußerungen bekannt ist. Die meisten der 24 Herzöge, die nicht aus dem Königshaus stammen, müssen ebenfalls draußen warten. Nicht zugelassen ist auch die 94-jährige Lady Pamela Mountbatten, eine von zwei noch lebenden Trauzeuginnen bei der Hochzeit von Königin Elizabeth II.

Der Höhepunkt um 13 Uhr

Die Prozession mit König Charles III. und Königsgemahlin Camilla startet jedenfalls um 11.20 Uhr vom Buckingham-Palast aus, der ORF überträgt das Ereignis ebenso wie zahllose andere TV-Stationen. Damit wird dem Ereignis wohl ein Milliarden-Publikum beschieden sein.

Laut minutiös durchgetaktetem Zeitplan werden König Charles und Camilla exakt um 11:53 Uhr an der Westminster Abbey ankommen. Um 13 Uhr findet dann die Krönung statt. Eine Stunde später geht es zurück in den Buckingham Palace. Um 15.15 Uhr dann das für viele eigentliche Highlight: Die königliche Familie zeigt sich auf dem Balkon des Buckingham-Palasts, während eine Kunstfliegerstaffel das Stadtschloss überfliegt. Prinz Harry wird hier als "schwarzes Schaf" der Familie nicht dabei sein.

Wer das alles versäumt, der kann später immer noch eines der mehr als 3.000 englischen Straßenfeste besuchen. Hier wird bis in den Abend hinein gefeiert.