Zum Hauptinhalt springen

Frankreich fürchtet einen neuen Dürre-Sommer

Von WZ-Korrespondentin Birgit Holzer

Politik

Das Land versucht sich auf die Folgen des Klimawandels vorzubereiten, doch nicht alle Maßnahmen sind unumstritten.


Am frühen Morgen des 18. Mai hat es dann auch im südfranzösischen Örtchen Saint-Chamas endlich wieder geregnet. 24,2 Millimeter wurden dort in vier Tagen aufgefangen - zwar nicht genug, um das riesige Defizit nach Wochen ohne Niederschlag auszugleichen, aber psychologisch war das wichtig, sagt Alain Bonnerue, der sich in seinem Ruhestand um eine Gartenanlage voller Feigen-, Mandel- und Kirschbäumen in der Gemeinde westlich von Aix-en-Provence kümmert. "Das nimmt uns den Stress, die Tage ohne Regen zu zählen."

Und von ihnen gibt es immer mehr vor allem im Süden Frankreichs. In klimatischer Hinsicht galt 2022 mit seinen Rekord-Temperaturen, anhaltender Dürre und teils dramatischen Waldbränden als Ausnahmejahr. Es könnte sich aber auch um eine neue Normalität handeln, wie von höchster Stelle befürchtet wird.

Der Minister für den ökologischen Wandel, Christophe Bechu, warnte davor, dass sich das Dürrerisiko in Frankreich verdoppele, falls die Temperaturen bis zum Ende des Jahrhunderts um zwei Grad Celsius im Vergleich zum Jahr 1990 ansteigen und sich sogar verfünffache, sollte der Unterschied vier Grad betragen.

Beträchtliche Folgen

Die Folgen könnten beträchtlich sein. Sie reichen vom allmählichen Verschwinden der französischen Gletscher über zwei Monate andauernde Hitzewellen und hoher Waldbrandgefahr bis zu Überschwemmungen und der damit verbundenen Evakuierung von tausenden Häusern an den Küsten. "Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass die Klimaerwärmung jetzt stattfindet", so Bechu.

Im vergangenen Jahr wurden rund 1.000 südfranzösische Gemeinden zeitweise über Tankwagen mit Wasser versorgt. Die Produktion der Landwirtschaft sank mancherorts um bis zu 30 Prozent. 2022 verbrannten mehr als 785.000 Hektar Wald - ein trauriger Rekord. Auch in diesem Winter hat es viel zu wenig geregnet. Bereits im April wurden rund die Hälfte der 96 Departements in Kontinentalfrankreich wegen Wassermangels in Alarmbereitschaft versetzt. Zum 1. Mai waren 68 Prozent der Grundwasserspeicher auf niedrigem, davon 20 Prozent auf sehr niedrigem Niveau. Einige der Maßnahmen, die im letzten Sommer fast im ganzen Land galten, wurden stellenweise bereits wieder eingeführt.

In einigen Gegenden ist es verboten, Felder und Gärten zu bewässern oder das Auto zu waschen. In fünf südfranzösischen Gemeinden werden bis 2027 keine Baugenehmigungen für Privathäuser mehr ausgegeben, da die Wasserversorgung nicht sichergestellt werden kann. Für Aufregung sorgte nun das Verkaufsverbot für freistehende Swimmingpools im Departement Pyrenees Orientales an der spanischen Grenze. Bechu zufolge gelte es zu "vermeiden, dass Leute Pools kaufen und in die Versuchung kommen, sie zu befüllen, während wir genau das verbieten".

Neue Klimaziele

Der betroffene Berufsverband FPP hat Klage gegen das Verbot eingereicht, das "kontraproduktiv" sei, da die Kunden dann eben im Internet oder im Ausland bestellen würden. "Das Problem der Dürre wird nicht durch das Verbot von privaten Schwimmbecken gelöst", sagte die FPP-Generalsekretärin Joelle Pulinx. "Deren Prinzip besteht darin, das Wasser mehrere Jahre lang zu behalten. Man entleert sie nie, das kann die Struktur in Gefahr bringen."

Laut FPP sind die Pools nur für 0,15 Prozent des gesamten Wasserverbrauchs Frankreichs im Jahr verantwortlich. Vor wenigen Tagen hat Premierministerin Élisabeth Borne neue Klimaziele für 2030 angekündigt, darunter eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes um 50 statt bisher 40 Prozent gegenüber dem Jahr 1990. In den nächsten Monaten sollen konkrete Maßnahmen folgen. Derweil ist die Diskussion darüber angelaufen, wie die enormen Kosten gestemmt werden sollen, die unter anderem durch die Sanierung von Gebäuden, Investitionen in Unternehmen und in Infrastrukturen auf den ohnehin hoch verschuldeten französischen Staat zukommen.

Ausgegangen wird von 250 bis 300 Milliarden Euro zusätzlichen Schulden bis 2030 und ab dann weitere 34 Milliarden Euro pro Jahr. Borne rief jedes Ministerium dazu auf, fünf Prozent des Budgets einzusparen, um die Klima-Maßnahmen zu finanzieren. Der Ökonom Jean Pisani-Ferry brachte eine temporäre Steuer für die Reichsten ins Gespräch, dabei hat Präsident Emmanuel Macron Steuererhöhungen grundsätzlich ausgeschlossen. Wie er es konkret finanzieren will, gilt aber als unklar.