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Nervosität bei Nordkoreas Nachbarn

Von WZ-Korrespondent Felix Lill

Politik

Der Versuch Nordkoreas, einen Satelliten ins All zu schicken, sorgt in der Region trotz des jüngsten Misserfolgs für große Unruhe. Japan, Südkorea und die USA antworten mit neuen militärischen Schritten.


Die Nachricht von Mitte der Woche hätte Anlass zum Durchatmen geben können. Denn kurz nachdem die nordkoreanische Regierung am Mittwoch einen Spionagesatelliten in Richtung Erdumlaufbahn geschickt hatte, mussten die regimetreuen Medien bereits das Scheitern der Mission vermelden. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur KNCA hatte die vor dem Erreichen des Orbits ins Meer gestürzte Trägerrakete "ernsthafte Schäden."

In den Nachbarstaaten Südkorea und Japan, wo nach dem Raketenstart am Mittwoch Evakuierungswarnungen an die Bevölkerung geschickt worden waren, rechnet man allerdings schon mit einem weiteren Versuch in absehbarer Zeit. So hat Kim Yo-jong, die einflussreiche Schwester von Machthaber Kim Jong-un, am Donnerstag bereits erklärt, man könne aus dem Fehlschlag nun wichtige Lehren ziehen und den Satelliten schon bald "korrekt" im Weltall platzieren.

Genauer sehen, besser treffen

Die Entwicklung eigener Spionagesatelliten ist schon seit längerer Zeit fixer Bestandteil des Aufrüstungsplans des nordkoreanischen Regimes, das wie auch andere Staaten den Weltraum militärisch nutzen will. Im April hatte Kim Jong-un die Weisung ausgegeben, in Zukunft nacheinander mehrere Aufklärungssatelliten auszusetzen, um den "Bedrohungen" der USA und Südkoreas besser begegnen zu können.

Ein um die Erde kreisender Erkundungssatellit würde nicht nur die Aufklärungs- und Spionagekapazitäten Nordkoreas massiv erhöhen, sondern Südkorea und Japan künftig auch militärisch verwundbarer machen. "Nordkorea könnte seine Satelliten einsetzen, um Ziele genauer zu treffen oder verursachten Schäden besser analysieren zu können", sagt Ankit Panda von der US-Denkfabrik Carnegie Endowment for International Peace gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Entsprechend kräftig fallen in diesen Tagen auch die oft gemeinsam vorgetragenen Bekenntnisse zu einer verstärkten Abschreckung Nordkoreas aus. Als am Donnerstag US-Verteidigungsminister Lloyd Austin in Tokio zu Besuch war, verkündete er an der Seite seines japanischen Amtskollegen Yasukazu Hamada, dass die beiden Verbündeten ihre militärische Zusammenarbeit nun noch einmal weiter vertiefen wollen. Dies ist insofern relevant, da Japan seit seiner Niederlage im Zweiten Weltkrieg eine pazifistische Verfassung hat, die den nationalen Selbstverteidigungskräften diverse Beschränkungen auferlegt. Über die vergangenen Jahre hat Japans Regierung dennoch massiv aufgerüstet und eine lockerere Interpretation der Verfassung etabliert.

Mehr Manöver geplant

Hamada betonte nun vor allem die Wichtigkeit, Nordkorea gemeinsam entschlossen gegenüberzutreten, was sich üblicherweise auf die vertragliche Verpflichtung der USA bezieht, Japan notfalls mit konventionellen und atomaren Waffen zu verteidigen. Erst im April hatten Südkorea und Japan, die über die vergangenen Jahre wegen Streitigkeiten über Entschädigungen aus der Kolonialzeit und dem Zweiten Weltkrieg einen schlechten Draht gehabt hatten, gemeinsam mit den USA Militärmanöver durchgeführt. Dies soll in Zukunft nun noch weiter ausgebaut werden.

Auch in Südkorea reagiert man zusehends deutlich gegenüber dem Nachbarn im Norden. Am Donnerstag verkündete die Regierung in Seoul, dass sie erneut ein neues Raketenabwehrsystem getestet habe. Seit November vergangenen Jahres sind nunmehr vier solche Tests durchgeführt worden, von denen drei erfolgreich waren.

Aus Nordkorea kommt in diesen Tagen dagegen eine Generalkritik an den westlichen Staaten. "Wenn die Operation der Demokratischen Volksrepublik Nordkorea besonders kritisiert wird, sollten auch die USA und alle anderen Staaten, die schon tausende Satelliten geschickt haben, verdammt werden", erklärte Kim Yo-jong mit Blick auf die internationale Empörung nach dem Raketenstart. Der Schwester von Machthaber Kim Jong-un zufolge sei Nordkorea mittlerweile auch nicht mehr am Dialog mit den USA und weiteren westlichen Staaten interessiert.