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Slowaken fürchten, dass USA ihr Land in einen Krieg treiben wollen

Von Michael Schmölzer

Politik

Neue Studie zeigt große Sympathien für Russland. Ukraine-Hilfe wird in unserem östlichen Nachbarland skeptisch gesehen.


Wie denken die Menschen in Mittel- und Osteuropa über den Krieg in der Ukraine? Das "Centre for Democracy & Resilience Globsec" hat die Einstellungen dazu in Polen, Litauen, Lettland, Tschechien, Rumänien, Ungar, Bulgarien und der Slowakei untersucht. Die Ergebnisse wurden diese Woche im Rahmen der Globsec-Konferenz in Bratislava präsentiert.

Und die sind erstaunlich, vor allem, was die Slowakei betrifft. Dort gibt es im September vorgezogene Neuwahlen und der aussichtsreichste Kandidat, Ex-Premier Robert Fico von der linkspopulistischen Smer, will die Unterstützung der Ukraine im Krieg gegen Russland einstellen. Eine Haltung, die in der Slowakei populär ist. In kaum einem anderen mittelosteuropäischen Land ist die Stimmung in dieser Frage derart von Skepsis geprägt wie hier. Ähnliche Vorbehalte gibt es nur noch in Bulgarien.

Eine zentrale Aussage der Studie ist, dass 66 Prozent der Slowaken der Ansicht sind, die USA würden ihr Land in einen Krieg gegen Russland treiben, weil sich Washington davon Vorteile verspreche. Nur eine knappe Mehrheit der Slowaken hält Russland für den Krieg in der Ukraine verantwortlich. Ein gutes Drittel sieht die Schuld beim Westen, für 17 Prozent ist die Ukraine selbst der Schuldige, weil dort die russischsprachige Bevölkerung unterdrückt werde. Zum Vergleich: Für 85 Prozent der Polen ist klar, dass Russland die Ukraine überfallen hat und damit die Verantwortung trägt.

Eine klare Mehrheit der Slowaken ist der Ansicht, dass die militärische Unterstützung der Ukraine Russland provozieren und die Slowakei näher an einen Krieg mit Russland bringen würde. In der Tat hat die Slowakei die Ukraine mit MiG-29-Kampfjets, Haubitzen und Panzern unterstützt. Damit könnte es nach den Wahlen im September vorbei sein. Fast jeder zweite Slowake ist der Ansicht, dass die USA eine Bedrohung für die eigene Sicherheit darstellten. Die Unterstützung für die Nato-Mitgliedschaft ist mit 58 Prozent relativ gering - 2022 war der Wert mit 72 Prozent noch erheblich höher. Für das Konzept der liberalen Demokratie können sich nur 60 Prozent der Slowaken erwärmen.

Russland, der "große Bruder" der Slowaken

Für die Autorinnen der Studie, Katarina Klingova und Dominika Hajdu, ist die Russland-freundliche Haltung der Slowaken auch historisch begründet. Sie verweisen bei einer Präsentation der Studie in Bratislava auf Ludovit Stur, der im 19. Jahrhundert die Grundlagen der slowakischen Schriftsprache kodifiziert und Russland stets als "unseren großen Bruder" apostrophiert hat. Das sei heute noch mehrheitlich die Auffassung. Zudem habe nach der Wende 1989 in der Slowakei stets eine Partei zumindest mitregiert, die wenigstens ansatzweise prorussisch war. Die Vereinigten Staaten von Amerika würden dabei - so wie die EU in vielen anderen Ländern - als Sündenbock missbraucht.

Was die Ukraine betrifft, sind allerdings auch die Österreicher maßvoll in ihrer Unterstützungsbereitschaft. So will laut letzten Umfragen eine Mehrheit Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine, auch wenn das bedeutet, dass die Ukraine auf Territorien verzichten muss. Das ist klar gegen die offizielle EU-Linie und vor allem gegen die Haltung Kiews. Hauptsächlich ältere Menschen und Frauen sind hierzulande für eine Friedenslösung. Auch die EU-Sanktionen gegen Russland werden kritisch gesehen. Nur eine schwache Mehrheit ist in Österreich überhaupt dafür, dass die Ukraine weiter unterstützt wird. Es ist vor allem die oppositionelle FPÖ, die Russland in einem günstigen Licht sieht.