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Fidesz dominiert Verfassungsgericht

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik

Ungarische Regierungspartei baut Einfluss aus. | Europarat kritisiert "zu viele Hürden für die Gesetzgebung".


Budapest. Die Novelle der ungarischen Verfassung tritt zwar erst am 1. Jänner in Kraft. Doch schon jetzt arbeitet der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orban eifrig daran, dass das Ende April im Parlament durchgepeitschte Grundgesetz, wie die geänderte Verfassung dann heißt, ganz in seinem Sinne ausgelegt wird.

Künftig gibt es 15 statt 11 Verfassungsrichter - und das, obwohl Orban an sich unablässig für die Verschlankung öffentlicher Institutionen wirbt. Die vier neuen Richter sind allesamt Kandidaten der übermächtigen Orban-Partei Fidesz, die nun das höchste ungarische Gericht dominiert.

Im Vorfeld der Verabschiedung des Grundgesetzes waren die Verfassungsrichter in ihren Kompetenzen schon deutlich beschnitten worden. Sie können beispielsweise keine Gesetze mehr außer Kraft setzen, die Budgetfragen betreffen, es sei denn, es droht die Verletzung von Grundrechten. Immerhin soll Peter Paczolay Verfassungsgerichtspräsident bleiben. Er wurde noch unter der ersten Orban-Regierung zum Verfassungsrichter gewählt, stieg aber erst unter dem sozialistischen Premier Ferenc Gyurcsany zum Gerichtspräsidenten auf.

Unterdessen hat die Venedig-Kommission des Europarats der ungarischen Regierung bescheinigt, dass das Grundgesetz auf den Prinzipien von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit basiere und der Schutz der Grundrechte ausreichend garantiert sei. Allerdings monieren die Experten, dass künftig zu viele Gesetze mit verfassungsändernder Mehrheit beschlossen werden müssen. Dabei reiche für Gesetze in finanz-, kirchen-, kultur- und gesellschaftlich-wirtschaftspolitischen Fragen eine einfache Mehrheit aus. Im Übrigen hat die Kommission eine Stellungnahme zum international umstrittenen "Nationalen Credo" angefordert, das dem Grundgesetz vorangestellt ist.

Deutlich kritischer beurteilen frühere ungarische Dissidenten, unter ihnen der Schriftsteller György Konrad, die aktuelle Situation. Sie appellierten an US-Außenministerin Hillary Clinton, sich für die Verteidigung der Demokratie in Ungarn einzusetzen, die durch die Orban-Regierung Angriffen ausgesetzt sei. Clinton kommt am heutigen Mittwoch zur Eröffnung des "Tom Lantos Zentrums für Demokratie" nach Budapest. Lantos war das einzige US-Kongressmitglied ungarischer Herkunft und ein engagierter Menschenrechtsverfechter.