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Neue Hürden für Rumänen

Von Martyna Czarnowska

Politik

EU-Kommission erlaubt erstmals Anwendung der Schutzklausel. | Andere Länder könnten spanischem Beispiel folgen.


Brüssel. Sie gab nur zögernd nach. Denn anfangs begegnete die Europäische Kommission dem Ansinnen Spaniens, den Zugang zum Arbeitsmarkt wieder zu beschränken, mit Skepsis. Doch hat Madrid von der Brüsseler Behörde nun doch die Erlaubnis erhalten, den Arbeitsmarkt für Rumänen bis 31. Dezember 2012 zu sperren. Bis dahin dürfen diese EU-Bürger nur mit einer Erlaubnis legal einen Job in Spanien ausüben. Das gilt für alle Branchen und alle Gebiete des Landes - allerdings nicht für Menschen, die bereits beschäftigt oder als Arbeitssuchende gemeldet sind.

Die anfänglichen Vorbehalte der EU-Kommission hatten einen Grund. Zwar gelten noch fast in jedem zweiten EU-Land Übergangsfristen für Rumänen und Bulgaren, die der Union 2007 beigetreten sind, und können die Beschränkungen bis Ende 2013 aufrecht erhalten werden. Doch hat Spanien diese Hürden schon nach dem Ablauf der ersten Phase Ende 2008 beseitigt. Und ist der Arbeitsmarkt erst offen, braucht es schon triftige Gründe, das Recht auf Freizügigkeit wieder einzuschränken.

Jeder fünfte Spanier ohne Job

Madrid führte dazu seine Wirtschaftsdaten an. Von der Finanzkrise hart getroffen erlebte das spanische Bruttoinlandsprodukt einen Rückgang von 3,9 Prozent zwischen 2008 und 2010. Das führte zur EU-weit höchsten Arbeitslosenquote: Jeder fünfte Mensch ist derzeit offiziell ohne Job.

Noch stärker von der Arbeitslosigkeit betroffen sind Rumänen, die in Spanien seit Jahren eine der größten Gruppen ausländischer Arbeitskräfte bilden - etwa als Saisonarbeiter auf dem Bau oder Erntehelfer. Mittlerweile hat fast jeder Dritte Schwierigkeiten, einen Job zu finden: Nach Angaben der EU-Kommission waren im ersten Quartal 2011 mehr als 191.000 rumänische Erwerbstätige arbeitslos. Drei Jahre zuvor lag diese Zahl bei nur 80.100.

Die Zuwanderung hat zwar in den vergangenen Jahren nachgelassen, "ist aber immer noch erheblich", heißt es aus Brüssel: "Die Zahl der rumänischen Staatsangehörigen mit üblichem Aufenthaltsort in Spanien stieg von 388.000 am 1. Jänner 2006 auf 823.000 am 1. Jänner 2010." Und das wirke sich auf die Fähigkeit Spaniens aus, neue Zuströme von Arbeitskräften zu absorbieren.

Es ist das erste Mal, dass ein Land eine so genannte Schutzklausel für seinen Arbeitsmarkt in Anspruch nimmt. Diese ermöglicht einem Staat neuerliche Hürden aufzubauen, wenn "schwerwiegende Störungen" auf dem Arbeitsmarkt vorhanden oder absehbar sind.

Der für Beschäftigung und Soziales zuständige EU-Kommissar Laszlo Andor äußerte die Hoffnung, "dass diese Maßnahme möglichst kurze Zeit dauert und dass auch in Zukunft eine grundsätzlich positive Haltung gegenüber der Freizügigkeit in Europa die Oberhand behält". Doch ist diese Haltung nicht in allen europäischen Ländern zu sehen.

So haben die Niederlande erst vor kurzem den Zugang zum Arbeitsmarkt für Ausländer strenger reguliert - und die Vorgaben auch auf bulgarische und rumänische EU-Bürger ausgedehnt. Ebenso könnten weitere Staaten dem spanischen Beispiel folgen.

Laut EU-Kommission arbeiteten im Vorjahr etwas mehr als zwei Millionen Rumänen in anderen EU-Ländern. Die meisten von ihnen hatten einen Job in Italien, Spanien und Deutschland.

Herber Rückschlag

für Bukarest

Für die Regierung in Bukarest - die nun zwei Wochen Zeit hat, die Entscheidung der EU-Kommission anzufechten - bedeutet der Schritt Spaniens einen herben Rückschlag in den Bemühungen, rumänischen Bürgern alle EU-Rechte zu gewähren. Erst vor wenigen Wochen haben sich Arbeitsminister Sebastian Lazaroiu und sein bulgarischer Amtskollege Totju Mladenow in einem gemeinsamen Brief an Kommissar Andor gewandt. Sie baten um Unterstützung bei dem Vorhaben, den EU-Arbeitsmarkt für die jüngsten Unionsmitglieder ab dem kommenden Jahr vollständig zu öffnen. Die Chancen darauf dürften nun noch stärker gesunken sein. Analyse - Seite 3