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Die SPD kann frei wählen

Von Georg Friesenbichler

Politik

Sellering wird sich Koalitionspartner aussuchen können. | Scheitert die FDP auch im Nordosten?


Schwerin. Einen gibt es, der den Wahlabend ganz entspannt verfolgen kann: Erwin Sellering, Regierungschef und Spitzenkandidat der SPD in Mecklenburg-Vorpommern, liegt in Umfragen zur Landtagswahl weit vor seinen Mitbewerbern. Er wird nach diesem Sonntag entscheiden können, mit wem er regieren will - mit der CDU wie bisher, mit der Linken wie schon von 1998 bis 2006, oder gar mit den Grünen.

Diese Wahlfreiheit ängstigt besonders die CDU, die bisher weitgehend friktionsfrei mit der SPD zusammengearbeitet hat. Beide können sich anrechnen lassen, dass die Arbeitslosigkeit, die 2004 noch bei 20 Prozent lag, nun unter 12 Prozent gefallen ist und dass das Land seit 2006 keine neuen Schulden mehr macht. Auch für die Bundes-CDU wäre es gut, wenn die Koalition fortbesteht: Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel kam gleich neun Mal zu Wahlkampfauftritten, um ihren Kandidaten Lorenz Caffier zu unterstützen. Dessen Wahlkampfslogan "C wie Zukunft" hat zwar viel Spott ausgelöst, wurde aber immerhin bundesweit wahrgenommen. Auch wenn der CDU Stimmverluste drohen, deutet einiges daraufhin, dass die rot-schwarze Zusammenarbeit fortgesetzt wird.

Andere Erwartungen hegt der Spitzenkandidat der Linkspartei, Helmut Holter. Er hofft, dass die jüngsten Querelen in der Linkspartei, mit umstrittenen Äußerungen zu Mauerbau und Fidel Castro, der Partei nicht so weit schaden, dass sie als Koalitionspartner unattraktiv wird. Die Umfragen sehen die Linke bisher recht stabil gegenüber der letzten Wahl.

Als dritter potenzieller Partner für Sellering könnten sich die Grünen erweisen. Ihnen wird der erstmalige Einzug in den Landtag vorausgesagt, womit die Partei gleichfalls erstmals in allen deutschen Landtagen vertreten wäre. Ihr Trumpf auf Landesebene ist, dass sie vehement dagegen eintreten, dass das Atommüll-Zwischenlager in Lubmin zu einem Endlager gemacht wird.

Die Grünen bekommen allerdings nur dann regierungsbildendes Gewicht, wenn FDP und NPD den Einzug in das Landesparlament in Schwerin nicht schaffen. Danach sieht es den Umfragen zufolge aus.

Die Landes-FDP ist tief zerstritten und verweigerte dem Fraktionschef Michael Roolf den Kandidatenstatus, obwohl er beim Wahlparteitag ohne Gegenkandidaten antrat. Nun soll der weitgehend unbekannte 38-jährige Gino Leonhard retten, was zu retten ist. Dafür, dass die Landespartei ihren Wähleranteil voraussichtlich halbieren wird, wird die Bundes-FDP aber wohl auch den Streit um Außenminister Guido Westerwelle verantwortlich machen.

Schlecht für Berlin

Für die schwarz-gelbe Koalition in Berlin bergen diese Landtagswahlen damit viele schlechte Vorzeichen, auch wenn sich in der Länderkammer, im Bundesrat, dadurch nicht viel ändern wird. Noch schlechter wird es voraussichtlich in zwei Wochen aussehen, wenn in Berlin das Abgeordnetenhaus der Stadt neu gewählt wird. Auch dort steht ein SPD-Triumph an.

Keine Träne werden alle Parteien der NPD nachweinen, wenn sie aus dem Landtag fliegen sollte. Schon bisher wurde sie von den anderen Parteien boykottiert. Mit Slogans wie "Kriminelle Ausländer raus!" und "Polen offen? Arbeit futsch! Auto weg!" versuchen die Rechtsextremen, ihre Hochburg zu halten. In machen ländlichen Teilen Mecklenburg-Vorommerns gibt es regelrechte Nazi-Siedlungen, in denen die NPD die soziale Unsicherheit zur Werbung neuen Anhangs nutzt.