Ankara. (czar/reu) Irrsinn. Dieses Wort hat der türkische Premier Recep Tayyip Erdogan parat, wenn es um die Probebohrungen vor der Insel Zypern geht. Und bekräftigt damit, dass er keineswegs den seit Tagen schwelenden Zwist entschärfen möchte.

Die Pläne Nikosias, die vor der zypriotischen Küste vermuteten Erdgasvorkommen zu erforschen, lösen in Ankara massiven Unmut aus. Solange die Verhandlungen zwischen griechischen und türkischen Zyprioten über eine Wiedervereinigung des Landes laufen, seien derartige einseitige Aktionen der griechischen Zyprioten "eine Sabotage", meinte Erdogan. Denn der international isolierte Norden - wo noch immer bis zu 30.000 türkische Soldaten stationiert sind - wäre von den möglichen Profiten ausgeschlossen.

Für zusätzliche Verärgerung in Ankara sorgt ein Abkommen Zyperns mit Israel, mit dem die Türkei derzeit im heftigen Streit liegt. Die beiden Länder haben sich auf eine Grenzziehung im Mittelmeer verständigt und somit auf jene Gebiete, wo sie ihre Probebohrungen durchführen.

Nun will die Türkei, mit den türkischen Zyprioten, eigene Forschungen nach Erdgasvorkommen betreiben - und das unter Aufsicht der Marine. Nachdem sie bereits angekündigt hat, künftige Hilfsflotten für Palästinenser im von Israel isolierten Gazastreifen mit Kriegsschiffen begleiten zu lassen, wäre das eine weitere Verstärkung ihrer militärischen Präsenz im Mittelmeer. Gleichzeitig hat die Türkei damit gedroht, ihre Beziehungen mit der EU auf Eis zu legen, sollte der Konflikt um die Insel bis 2012 - wenn Zypern den EU-Vorsitz übernimmt - nicht gelöst werden. Eine Einigung ist allerdings nach wie vor nicht in Sicht.