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Generation Arbeitslos

Von Konstanze Walther

Wirtschaft

In Spanien und Griechenland haben Jobs nichts mehr mit Ausbildung zu tun.


Athen/Wien. "Man kann die griechische Jugendarbeitslosigkeit nicht mit der deutschen vergleichen", redet ein griechischer Spitzenbanker die Arbeitslosenrate bei den unter 25-Jährigen von rund 44 Prozent (letztverfügbare Daten vom Juli) schön. Denn die Leute seien ja nicht auf der Straße, in Griechenland würden doch alle Eltern ihre Kinder gerne und gut bis ins hohe Alter beherbergen. Und eine 20-prozentige Arbeitslosenquote sei doch in Europa keine Ausnahmeerscheinung mehr, meint der Grieche, der zuletzt auch als Finanzminister im Gespräch war.

Doch dass fast die Hälfte aller 15- bis 24-jährigen Griechen ohne bezahlte Arbeit gemeldet ist, wurzelt gewissermaßen in der Elterngeneration. Denn dass sich in den vergangenen Jahren die Jugendarbeitslosigkeit in Griechenland am Papier fast verdoppelt hat, rührt daher, dass sich die jungen Griechen inzwischen bei den Arbeitsagenturen melden, um Sozialhilfe zu bekommen. Früher war man zu stolz, heute - nachdem die Preise nach oben schnellen und die Eltern oft auch ihren Arbeitsplatz verlieren -, kratzt man in den Familien jeden Cent zusammen. Und diejenigen, die einen Job ergattern können, sind meist weit von ihrem Traumberuf oder ihrer Qualifikation entfernt.

Der 22 Jahre alte Computerfachmann Mammas Pashalis taucht im Mittelmeer nach Schwämmen, um irgendwie über die Runden zu kommen. Im gelernten Beruf hat er keine Arbeit gefunden, jetzt hilft er seinem Vater, der am Strand von Rhodos einen kleinen Stand betreibt. Die 24-jährige Spanierin Virginia Vera, eine ausgebildete Marketingexpertin, lebt wieder auf den Kanarischen Inseln statt in ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt Madrid. Ihre Mutter ist Immobilienmaklerin auf Gran Canaria, Virginia ist dort als Sekretärin beschäftigt. Die spanische Jugendarbeitslosenrate lag im September bei 48 Prozent.

Nicht viel berauschender ist es in der Slowakei mit 30,7 Prozent arbeitssuchender Jugendlicher. In Irland und Italien liegt die Rate bei knapp über 29 Prozent. In Frankreich wird sie mit 24 Prozent angegeben, und sogar in den skandinavischen Vorzeigeländern Schweden und Finnland sind 22 beziehungsweise 20,4 Prozent der Jugendlichen ohne Arbeit.

Südkorea: Akademiker

sind keine Lösung

Doch wie begegnet man den Herausforderungen? Die Antwort kann nicht einfach nur eine höhere Akademikerquote sein. Südkorea wird beispielsweise weltweit für seine Akademikerquote gerühmt. Rund 80 Prozent der koreanischen Jugendlichen studieren. Doch das generiert laut dem südkoreanischen Präsidenten Kim Hwang-sik immer mehr ein gesellschaftliches Problem. Im Oktober wurde etwa die Arbeitslosenrate bei den Jugendlichen in Seoul mit 6,7 Prozent angegeben. Für europäische Verhältnisse zwar beneidenswert, aber im wachsenden asiatischen Staat eine beginnende Katastrophe: Der Wert ist mehr als doppelt so hoch wie der südkoreanische Durchschnitt. Die Jugendlichen würden nämlich eine Arbeit gemäß ihrer Qualifikation suchen - die Jobs im niedrig qualifizierten Bereich sind nicht attraktiv.

Der für Beschäftigungsfragen zuständige EU-Sozialkommissar Laszlo Andor warnte bei seinem Wien-Besuch dennoch vor Kürzungen im Bildungsbereich. "Wenn wir heute nicht in die Jugend investieren, wird uns das in Zukunft teuer zu stehen kommen", betonte Andor am Freitag bei der Diskussionsveranstaltung "Globalization, Demography and Social Aspects of the Economic Crisis".

"Österreich geht mit seiner Politik im Arbeitssektor vor dem Hintergrund der Krise mit gutem Beispiel voran", konstatierte Andor. Die Jugendarbeitslosigkeit liegt hier unter 10 Prozent. Als Grund dafür wird oft die duale Berufsausbildung (Lehre) ins Spiel gebracht, die es nicht nur in Österreich gibt, sondern auch in Deutschland, Belgien, Dänemark, Irland, Luxemburg, in den Niederlanden, in der Schweiz sowie vereinzelt in Frankreich und Finnland. Laut einer OECD-Studie haben all diese Staaten eine um 4,7 Prozent niedrigere Arbeitslosenquote bei den Jugendlichen als vergleichbare Länder ohne duales System. Allerdings war der Vorsprung der Länder, die eine Lehre anbieten, in den 90er Jahre noch um einiges größer.

Wird sich das Phänomen der Jugendarbeitslosigkeit von selbst lösen, rein aus demografischen Gründen? Wo doch Europa in den nächsten Jahren schnell altern wird, weil die Geburtenrate sinkt? Laszlo Andor glaubt nicht daran. "Es ist eine falsche Annahme, dass die Zahl der Arbeitsplätze fixiert ist und zwischen den verfügbaren Arbeitern aufgeteilt wird", unterstrich Andor. Betriebe bleiben nicht ewig bestehen, die angehenden Pensionisten werden nicht eins zu eins von den Jungen ausgetauscht werden.
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Nobelpreisträger ruft zum Vernetzen auf

Für den Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus ist die Jugendarbeitslosigkeit eines der größten Probleme unserer Zeit. "Das ist eine furchtbare, schockierende Erfahrung für einen jungen Menschen." Ein Lösungsweg ist für Yunus soziales Unternehmertum, wie er bei der Eröffnung des Global Social Business Summit diese Woche in Wien sagte. Gerade jetzt, am Höhepunkt der Krise, seien die Chancen am größten. "Junge Leute haben heute größere Möglichkeiten, ihre Fähigkeiten zu nutzen, als die ältere Generation", sagte Yunus. Junge sollten sich miteinander verbinden, um globale Probleme zu bekämpfen. Man dürfe dies nicht allein auf die Politiker abschieben.