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Fico will nicht allein regieren

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik

Stärkster Regierungspartei droht Ausscheiden aus dem Nationalrat.


Bratislava. Bei den vorgezogenen Parlamentswahlen in der Slowakei wird am Samstag ein Erdrutschsieg des Sozialdemokraten Robert Fico und seiner Partei Smer-SD erwartet. Fico hat damit die besten Aussichten, zum zweiten Mal Ministerpräsident zu werden. Erstmals regierte er das mitteleuropäische Land von 2006 bis 2010. Abgelöst wurde er von Iveta Radicova, die sich nach den Wahlen aus der Politik zurückzieht. Ihre Regierung war am 13. Oktober über ein Misstrauensvotum gestürzt, mit dem Radivcova die erste Abstimmung über die Finanzhilfen für Griechenland verbunden hatte. Daraufhin wurden Neuwahlen für den 10. März angesetzt.

Einigen Meinungsforschern zufolge ist Ficos Vorsprung in der Wählergunst so groß, dass ihn nur wenige Stimmen von einer Verfassungsmehrheit trennen. Der Sozialdemokrat gibt sich bei solchen Prognosen zahm. Selbst wenn er diese Mehrheit holen werde, wolle er nicht allein regieren, betont Fico sicher auch mit Blick auf die jüngsten Entwicklungen in Ungarn, wohin die Slowaken stets mit besonderem Argwohn blicken. Der Oppositionsführer hat auch sonst allen Grund zur Vorsicht. Als einzige Partei legte seine Smer-SD bei den Parlamentswahlen im Juni 2010 deutlich zu. Da Fico zuvor als Premier die bürgerliche Opposition nur allzu oft höchst aggressiv attackiert hatte, fand er jedoch keine konservativen oder liberalen Koalitionspartner und musste als Premier weichen. Ein solches Debakel will er sich nun ersparen.

Belastung durch "Gorilla"

Die wirtschaftsliberale SDKU-DS, bisher stärkste Kraft innerhalb der regierenden Mitte-Rechts-Koalition aus vier Parteien, muss hingegen um den Wiedereinzug ins Parlament bangen. Mit Iveta Radicova, die alsbald nach dem Regierungssturz ihren Parteiaustritt bekanntgab, hat die SDKU-DS ihr wichtigstes Zugpferd verloren. Mit Außenminister und Ex-Premier Mikulas Dzurinda und Finanzminister Ivan Miklos sind zudem der Parteivorsitzende und sein treuester Stellvertreter durch die Enthüllungen im "Gorilla"-Skandal schwer belastet. Unter diesem Namen dokumentierte der Slowakische Informationsdienst in den Jahren 2005 und 2006, also in den beiden letzten Jahren der Regierung Dzurinda, zahllose Treffen zwischen führenden Politikern und Finanzmanagern. Dabei wurde beispielsweise der Ablauf von Privatisierungen vorab genauestens fixiert. Innenminister Daniel Lipsic, der seit 9. Jänner ermitteln lässt, schließt inzwischen nicht mehr aus, dass einige Privatisierungen rückgängig gemacht werden müssen.

Durch sein engagiertes Eintreten für eine rückhaltlose Aufklärung des "Gorilla"-Skandals hat Lipsic das Ansehen der kirchennahen KDH gestärkt, deren stellvertretender Vorsitzender er ist. Schon seit Jahren gilt sie als Partei mit dem stabilsten Wählerpotenzial. Unter den Koalitionsparteien hat sie derzeit die besten Umfragewerte.

Damit empfiehlt sie sich als Koalitionspartner für Robert Ficos Smer-SD. Der KDH-Vorsitzende Jan Figel betont zwar unablässig, die KDH biete gerade eine Alternative zu den Sozialdemokraten. Auf lokaler und regionaler Ebene kooperieren beide Parteien jedoch schon längst. Im Übrigen ist die KDH ähnlich national ausgerichtet wie Smer-SD.

In der Regierungszeit von Iveta Radicova hat sich außerdem einmal mehr gezeigt, dass die bürgerlichen Parteien in der Slowakei inhaltlich kaum etwas verbindet. Die KDH war hier schon das zweite Mal Mitglied einer Koalition, die vorzeitig scheitert und damit viele Projekte erst gar nicht verwirklicht. Ein Bündnis mit einer starken Smer-SD böte für sie hingegen die Gewähr einer stabilen Regierung, die über die Dauer einer ganzen Legislaturperiode ihre Vorhaben umsetzen könnte.

Ein starker Koalitionspartner könnte außerdem innerhalb der Regierung Spannungen abfangen, die durch den Generationswechsel drohen, der sich in der KDH anbahnt. Daniel Lipsic hat schon vor Monaten klargemacht, dass er Jan Figel zumindest mittelfristig als Parteivorsitzenden entthronen will. All das käme wiederum Robert Fico entgegen, der bei einem in interne Machtkämpfe verstrickten Koalitionspartner nicht mit allzu viel Widerworten rechnen müsste.