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Zweifel an EU-Einigung zu strengeren Regeln für Banken

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Wirtschaft

Finanzminister debattieren Kapitalvorschriften für Geldinstitute.


Brüssel. Wie viel Geld soll eine Bank zurücklegen müssen? Und wie soll dieses Geld beschaffen sein? Eigen- und Kernkapital, Strukturpuffer und prozentuelle Erhöhungen mit oder ohne Genehmigung - mit diesen Themen beschäftigen sich die Finanzminister der EU, wenn sie am heutigen Mittwoch zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammenkommen. Es geht um ein Regelwerk, das global als Basel III bekannt ist und in dessen Rahmen die Europäische Union strengere Kapitalvorschriften für Banken festlegen möchte. Das würde mehr als 8000 Institute in der EU betreffen - und soll insgesamt das Finanzsystem stabiler machen.

Die Regulierungen müssen nämlich strikter werden, um künftig milliardenschwere Rettungspakete für strauchelnde Banken zu vermeiden. So müssen die Geldinstitute über mehr und höherwertiges Eigenkapital als bisher verfügen. Da sind sich die EU-Staaten einig. Doch woraus sich diese Mittel zusammensetzen sollen oder was ein Land darüber hinaus in Eigenregie verordnen und welche Maßnahmen es einleiten darf, ohne die Gemeinschaft zu fragen - darüber wird es bei der Zusammenkunft der Minister heftige Debatten geben. Unklar ist, ob es bereits eine Einigung geben wird.

Acht Prozent soll jedenfalls der Anteil der Eigenmittel an risikogewichteten Anlagen betragen, den die Banken aufweisen müssen - und der nach bestimmten Kriterien gestaffelt ist: in hartes und zusätzliches Kernkapital sowie Ergänzungskapital. Bis 2019 soll dieser Anteil auf mindestens 10,5 Prozent steigen. Doch gibt es nun ein Tauziehen darum, wie die nationalen Aufsichtsbehörden nach oben davon abweichen können. Während Großbritannien etwa das Recht fordert, höhere Kapitalzuschläge eigenständig zu verordnen, und auch Schweden die Pflicht für eine Genehmigung von außerhalb eingeschränkt sehen möchte, wollen Staaten wie Deutschland und Frankreich diese Freigrenze nicht allzu hoch ansetzen. London argumentiert damit, dass die Regierung das Recht auf eine Regelung haben müsste, da es im Notfall die Steuerzahler wären, die eine Bankenrettung mitfinanzieren. Aus Berlin und Paris wiederum heißt es, dass es zu Wettbewerbsverzerrungen kommen würde, wenn die Unterschiede bei den Kapitalpolstern zu groß wären. Wien war ebenfalls für eine von der EU-Kommission angestrebte "Maximalharmonisierung", also dafür, dass es möglichst wenig Ausnahmen für einzelne Länder geben sollte.

Furcht vor Zusatzpuffer

Dänemark, derzeit EU-Vorsitzland, schlägt nun vor, diesen zusätzlichen - "strukturellen" - Puffer auf höchstens drei Prozent festzulegen. So viel dürfte ein Land an Kapitalzuschlägen von den Banken fordern. Wenn es höhere Aufschläge wollte, bräuchte es eine Genehmigung der EU-Kommission.

Scharfer Protest gegen selbständige Zusatzquoten kommt vor allem von deutschen Banken. Aber auch Christian Clausen, Präsident des Europäischen Bankenverbandes EBF und Direktor des Finanzkonzerns Nordea mit Hauptsitz in Stockholm, warnt vor "nationalen Abweichungen". Die "große Toleranz" dafür mache "es schier unmöglich, ein einheitliches Regelwerk für Europa zu schaffen", zitiert die Nachrichtenagentur Reuters aus einem Brief, den Clausen an EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier geschrieben hat.

Etlichen in Osteuropa tätigen Banken bereiten mögliche Ländermaßnahmen ebenfalls Sorgen. Viele Institute sind Töchter von ausländischen, etwa österreichischen, Firmen. Und wenn nun beispielsweise Budapest die Banken zu mehr Rücklagen zwingen würde, müsste das Mutterhaus in Wien entweder mehr Kapital beschaffen oder die Aktivitäten in Ungarn drosseln. Meist werden dann schlicht weniger Kredite vergeben - was wiederum Auswirkungen auf die reale Wirtschaft hat.