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"Slowakei muss auf Atom bauen"

Von Michael Schmölzer

Politik

Österreichs Nachbar denkt nicht an Umstellung auf alternative Energie.


"Wiener Zeitung":Die Slowakei hat erst vor kurzem den Euro eingeführt. War das ein Fehler?Miroslav Lajcak: Wir glauben noch immer, dass das eine gute Entscheidung war. Natürlich gibt es jetzt Probleme. Aber gleich geblieben ist, dass die Slowakei eine sehr offene Ökonomie ist, 85 Prozent des BIP werden durch Exporte erwirtschaftet. Als Teil der Eurozone haben wir Vorteile im Wettbewerb.

Trotzdem: Hat die Eurozone auf lange Sicht Überlebenschancen?

Sie wird überleben, aber die Regeln müssen sich ändern. Die Regeln wurden in der Vergangenheit zu oft gebrochen, ohne dass es Konsequenzen hatte. Wir gehen in Richtung Verstärkung der Integration. Bankenunion, Fiskalunion, stärkere politische Integration. Wenn wir das Gefühl haben, dass die Regeln gebrochen werden, dann muss das betreffende Land die Eurozone verlassen.

Glauben Sie, dass die deutsche Kanzlerin Merkel zu weich mit Griechenland verfährt? Man hat den Eindruck, sie würde die Griechen nie fallen lassen, egal was die Regierung in Athen tut.

Die Schlussfolgerungen des letzten EU-Gipfels besagen, dass Griechenland nicht unbedingt
in der Eurozone bleiben muss.
Es wird festgestellt, dass die Kriterien erfüllt werden müssen,
das ist Voraussetzung für den Verbleib.

Sie glauben an eine Vertiefung der EU-Integration. Es gibt aber auch gegenteilige Tendenzen, wenn wir uns die Briten ansehen oder die katalanischen und baskischen Nationalisten oder die Schotten, die auch unabhängig werden wollen, auch die Slowaken haben sich abgespalten. Wird die EU in 30 Jahren ein Fleckerlteppich sein?

Wir brauchen kein Europa, das immer nur nach innen schaut, auf sich selber, auf die eigenen Probleme. Die Welt wird nicht auf uns warten. Da geht es um Wettbewerb, Jobs, Einkommen. Natürlich ändern sich die Landkarten und Zeiten der Krise sind immer eine gute Zeit für Nationalisten.

Wie kann die EU mit diesen neuen Nationalismen umgehen? Ist ein unabhängiges Schottland oder Katalonien automatisch in der EU?

Das sind alles demokratische Länder, die das auf demokratischem Weg lösen werden. Europa ist aber primär ein Gebilde aus Nationalstaaten, auch wenn die Regionen wichtiger werden.



Frage an den Balkan-Experten Lajcak: Serbien will in die EU, aber der serbische Präsident Nikolic hat zuletzt erklärt, lieber auf die EU zu verzichten als eine Regenbogen-Parade in seinem Land zuzulassen. Ist Serbien ansatzweise EU-reif?

Wir sollten diese Kommentare nicht überbewerten. Der Präsident ist noch nicht lange in seinem Amt, oft sieht man, dass diese Politiker mehr Kontakt mit den europäischen Partnern bräuchten. Viele dieser Statements gehen hauptsächlich in Richtung der eigenen Bevölkerung.



Wir Österreicher haben ein Problem mit der Atompolitik, die die Slowakei betreibt. Deutschland und Japan wenden sich vom Atomstrom ab, gibt es bei Ihnen eine Chance auf ein Umdenken?

Wir haben keine Alternative, wir können anders nicht überleben. Wir haben keine Wasserkraft oder andere Energieformen zur Substitution. Unser Energie-Mix muss einen nuklearen Anteil haben.

Auch auf lange Sicht? Das kann man ja ändern.

Auch auf lange Sicht. Es gilt in der EU, dass jedes Land das Recht hat, seinen Energiemix zu wählen. Wir sind aber offen und transparent, die Anlagen entsprechen den höchsten Sicherheitsstandards.



Aber ist das nicht die Lehre aus der Katastrophe von Fukushima, dass es Sicherheit nicht gibt?

Das Unglück in Fukushima ist eine Lektion gewesen, jetzt kann man sich auf Eventualitäten vorbereiten, an die man nicht gedacht hätte.