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Erst zusammenfassen, dann veräußern

Von Alexander Dworzak

Politik

Sloweniens Wirtschaftsminister will nur Banken und Versicherungen behalten.


"Wiener Zeitung": Slowenien will ohne EU-Hilfsgelder für seine angeschlagenen Banken auskommen. Dabei sollen 18 Prozent aller Bankkredite faul sein. Wie wollen Sie die Misere alleine lösen?Radovan Zerjav: Ja, wir haben ein Problem bei unseren Banken. Aber Sloweniens Staatsschulden betragen nur 53 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - liegen unter den Maastricht-Kriterien von 60 Prozent. Wir wollen die faulen Kredite bis Ende Dezember in eine staatliche "Bad Bank" auslagern. Natürlich ist eine Rekapitalisierung der Banken notwendig, wenn die Kredite auf die "Bad Banks" abgewälzt werden.

Laut dem slowenischen Wirtschaftsprofessor Joze Damijan würde bei einer Rekapitalisierung aus eigener Kraft das Budgetdefizit auf bis zu 28 Prozent des BIP steigen.

Ich denke nicht, dass die Zahl so grauenhaft hoch wäre. Außerdem gibt es Interesse ausländischer Investoren.

Wie hoch ist der Finanzierungsbedarf dann tatsächlich?

Das ist schwer zu sagen und hängt auch von den faulen Krediten in der "Bad Bank" ab. Faule Kredite bedeuten ja nicht, dass man aus ihnen nichts machen könnte.

Sie verweisen immer auf den niedrigen Schuldenstand von 53 Prozent des BIP. Andererseits betrugen die Schulden 2010 erst 38,8 Prozent.

Wir hatten von 2009 bis 2011 jedes Jahr zwei Milliarden Euro Defizit unter der Mitte-Links-Regierung. Heuer liegt es bei nur einer Milliarde, was 3,6 Prozent des BIP entspricht. Bis 2015 wollen wir einen ausgeglichenen Haushalt erreichen.

Dennoch warnt die Ratingagentur S&P, Slowenien weiter herabzustufen. Welche strukturellen Reformen werden Sie noch vornehmen?

Wir kürzen überall, auch bei Pensionen und Sozialleistungen, im öffentlichen Sektor werden Jobs reduziert. Es tut weh, aber wir müssen das tun. Zudem flexibilisieren wir den Arbeitsmarkt; Ende des Jahres sollen die Verhandlungen mit den Gewerkschaften abgeschlossen werden.

Bislang konnte man in Slowenien mit 58 Jahren in Pension gehen. Erhöhen Sie das Antrittsalter?

Wir führen ein Modell der Beitragsjahre ein. Wer 40 Jahre gearbeitet hat, kann weiterhin mit 58 die Pension antreten. Alle anderen müssen Abschläge hinnehmen oder entsprechend länger arbeiten. Dieses Modell ist in unserem Mitte-Rechts-Kabinett auch mit der koalierenden Pensionistenpartei akkordiert.

Werden Sie auch Staatsbetriebe privatisieren?

Wir möchten zuerst die Unternehmen in einer Holding zusammenfassen - bisher sind es vier Institutionen. Über diese Reform entscheidet das Oberste Gericht. An Banken und Versicherungen würden wir weiter eine Sperrminorität halten. Die restlichen Unternehmen könnten vollständig verkauft werden, darunter die Telekom, die Ölfirma Petrol und die Fluglinie Adria Airways.

Das sind einschneidende Maßnahmen. Gleichzeitig nahm in den vergangenen Jahren die Polarisierung zwischen den politischen Blöcken zu. Fürchten Sie keine Verschärfung durch Ihre Vorhaben?

Unter den Slowenen reift die Überzeugung, dass Veränderungen notwendig sind. Ich hoffe, dass sich dies auch unter den Parteien durchsetzt.