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Nach der Rettung ist vor der Rettung

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Ab Dezember sollen knapp 44 Milliarden Euro nach Athen fließen.


Brüssel.

Selbst um zwei Uhr in der Früh kann Jean-Claude Juncker noch entwaffnend sein. Der Vorsitzende der Eurogruppe entschuldigt sich zwar, dass die Journalisten so lange auf die Ergebnisse einer weiteren Krisensitzung zum Thema Griechenland warten mussten. Doch Mitleid braucht der luxemburgische Premier, der selbst vierzehn Stunden davor das Ratsgebäude in Brüssel betreten hatte, mit den ausharrenden Medienleuten nicht zu haben. So sei halt das Leben. "Life is life", sagt Juncker. "Und spät in der Nacht ist spät in der Nacht." Am nächsten Tag werde sowieso wieder die Sonne scheinen.

Für Griechenland brach da tatsächlich ein guter Tag an - zumindest sah es Premier Antonis Samaras so. Erleichtert nahm er zur Kenntnis, dass sich die Finanzminister der Eurozone nach etlichen Anläufen auf neue finanzielle Hilfsmaßnahmen für sein Land geeinigt hatten. Evangelos Venizelos, dessen sozialistische Pasok-Partei ebenfalls Teil der Koalitionsregierung ist, sprach von einem neuen Start, den Griechenland "nach neun Monaten des Wartens gebraucht hat".

Doch ist es auch das Kabinett selbst, das die Zusagen der Eurozone dringend nötig hat. Wäre eine Verständigung auf finanzielle Erleichterungen für Athen - wie bei einem zwölfstündigen Treffen in der Vorwoche - ausgeblieben, hätte dies nicht nur ökonomische, sondern auch politische Folgen. Ein Zerfall der Regierungskoalition war absehbar, schon jetzt hat die Wählersympathie für deren Parteien stark abgenommen.

Dennoch ist die Gefahr einer weiteren Radikalisierung der Stimmung nicht beseitigt, und auch die Abwendung einer Staatspleite Griechenlands ist nur eine vorläufige. Denn das mühsam zusammengestellte Bündel an Hilfsmaßnahmen reicht nur für eine Etappe auf dem Weg zum Schuldenabbau aus. So setzen die internationalen Geldgeber auf Zinsnachlässe und den Rückkauf von Altschulden. Ab Dezember sollen weitere 43,7 Milliarden Euro aus dem Euro-Rettungsschirm EFSF nach Athen fließen. Österreich, das drei Prozent zum Rettungsschirm beiträgt, garantiert für die Mittel mit einer Haftungssumme von etwa 1,3 Milliarden Euro.

Vorerst kein Schuldenerlass

Vor einem Schuldenerlass aber, wie ihn sich der Internationale Währungsfonds wünscht, schrecken die Euroländer noch zurück. Das würde nämlich auf ihre Lasten gehen. Auf nationale Haushalte wird sich das Hilfspaket allerdings auch so auswirken. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble etwa räumte ein, dass es wegen der geplanten Zinssenkung bei Griechenland-Krediten Mindereinnahmen in Höhe von 130 Millionen Euro geben werde. Außerdem sollen die Eurostaaten bestimmte Gewinne, die bei der Europäischen Zentralbank anfallen, an Athen weiterreichen, das wiederum das Geld für den Schuldendienst verwenden muss.

Den deutschen Sozialdemokraten ist dies an Information zu wenig. Sie fordern nähere Angaben. Die Folgewirkungen der Einigung seien nämlich unklar, meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Frank- Walter Steinmeier. Der Bundestag muss noch über die Finanzhilfen abstimmen. Das Votum könnte sich nun wegen der oppositionellen Einwände verschieben.