Budapest. (red) Alles nur ein Missverständnis, wiegelte Márton Gyöngyösi ab. Der Abgeordnete der rechtsextremen Partei Jobbik hatte am Montag eine Auflistung jüdischer Parlaments- und Regierungsvertreter in Ungarn gefordert. Sie seien eine "Gefahr für die nationale Sicherheit". Tags darauf korrigierte sich Gyöngyösi nach Protesten aus dem In- und Ausland; er habe jene Liste für ungarisch-israelische Staatsbürger gefordert.

Seinen Antisemitismus kaschierte der Parlamentarier damit nicht - und auch Ungarns Regierung verheimlichte ihr Desinteresse am Thema kaum. Man verurteile Gyöngyösi Ausfälle "auf das Schärfste" und trete entschieden gegen Extremismus, Rassismus und Antisemitismus auf, hieß es in einer Erklärung. Blogger wiesen jedoch nach, dass Passagen dieses Statements praktisch wortgleich bei früheren Jobbik-Tiraden verwendet wurden - den Worten folgten keine Taten.

Eine ernsthafte Auseinandersetzung ist von Ungarns Regierung auch nun nicht zu erwarten. Denn die nationalkonservative Fidesz unter Premier Viktor Orbán schielt stets Richtung Jobbik, deren Wählerpotenzial bei rund 25 Prozent liegt. Sanktionen gegen Gyöngyösi blieben bislang aus, das Parlamentspräsidium hat ihn nicht einmal verwarnt.

Empörung riefen die Aussagen hingegen beim Zentralrat der Juden in Deutschland hervor, der EU-Parlament, Kommission und Mitgliedsstaaten zum Handeln aufforderte.