Oslo. Inmitten ihrer schwersten Krise ist die Europäische Union am Montag in Oslo mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nahmen den Preis entgegen. Die Union wird für ihren Beitrag für ein friedliches und stabiles Europa geehrt.
"In einer Zeit der Unsicherheit erinnert dieser Tag die Menschen in Europa und der ganzen Welt an den wesentlichen Zweck der Union: die Bruderschaft zwischen den europäischen Nationen zu fördern, jetzt und in der Zukunft", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy bei der Vergabe der Auszeichnung.
Er mahnte zugleich, besonders in Zeiten der Schuldenkrise nicht nachzulassen bei den Bemühungen, den Frieden in Europa zu sichern. Gerade jetzt, wo die Staatengemeinschaft in der "schwersten Wirtschaftskrise seit zwei Generationen" stecke und dies für viele Menschen große Not verursache, würden "die politischen Bande unserer Union auf die Probe gestellt".
Barroso lobt "bemerkenswerte Reise"
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso lobte die "bemerkenswerte europäische Reise", die zu einer immer enger miteinander verbundenen Union geführt habe. "Und heute hält jedermann eines der sichtbarsten Symbole unserer Einheit in den Händen: Es ist der Euro, die Währung der Europäischen Union. Und wir werden zu ihr stehen."
An der Verleihungszeremonie nahmen auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der französische Staatschef François Hollande sowie die meisten anderen der 27 Staats- und Regierungschefs teil. "Dass die Europäische Union als Friedensprojekt den Friedensnobelpreis entgegennehmen durfte, ist eine Auszeichnung für viele. Für die Menschen Europas und für alle, die von Anfang an an diesem Projekt gearbeitet haben", erklärte Faymann.
Das norwegische Nobelpreis-Komitee hatte erklärt, mit dem Preis die Jahrzehnte währende Rolle der EU als Stifterin von Frieden und Versöhnung, von Demokratie und Menschenrechten in Europa zu würdigen. Die Entscheidung ist nicht unumstritten. So hatte vergangene Woche Desmond Tutu, der für seinen Kampf gegen die Apartheid in seinem Heimatland Südafrika den Friedensnobelpreis 1984 erhielt, gesagt, die EU verdiene den Preis nicht.
"Kein perfektes Kunstwerk"
Barroso räumte ein, das Streben nach europäischer Einheit sei "kein perfektes Kunstwerk". Es bedürfe ständiger und sorgfältiger Pflege. Er betonte zugleich, dass die EU "als Gemeinschaft von Nationen, die Krieg überkommen und Totalitarismus bekämpft habe" stets jenen beistehen werde, die sich für Frieden und Menschenwürde einsetzten. Konkret verwies er dabei auf Syrien, wo Präsident Bashar al-Assad seit 20 Monaten einen Aufstand niederzuschlagen versucht. Die gegenwärtige Lage dort sei "ein Schmutzfleck auf dem Gewissen der Welt". Die internationale Gemeinschaft stehe moralisch in der Pflicht, sich damit zu befassen. "Meine Botschaft heute ist: Sie können auf unsere Bemühungen zählen, dass wir für anhaltenden Frieden und Gerechtigkeit in Europa und in der Welt kämpfen werden."
Das Preisgeld in Höhe von 930.000 Euro soll an Projekte gespendet werden, die sich für Kinder in Kriegsgebieten einsetzen. (apa/Reuters/red)