Berlin/Paris/Madrid/Wien. Dass Europa derzeit mit Sorge nach Italien blickt, wäre grob untertrieben. Nach dem Ergebnis der Parlamentswahlen schwanken die Reaktionen zwischen bemühtem Bewahren um Haltung und offenem Entsetzen. "Das ist ein Sprung ins Nirgendwo, der nichts Gutes verheißt, weder für Italien noch für Europa", sagte der spanische Außenminister José Manuel Garcia-Margallo am Dienstag in Madrid.

In Deutschland haben insbesondere Vertreter der kleinen Regierungspartei FDP die Lage kritisch kommentiert: "Entscheidend ist jetzt für Italien, aber auch für ganz Europa, dass möglichst rasch eine stabile und handlungsfähige Regierung gebildet werden kann", sagte Außenminister Guido Westerwelle. Auch sein Parteikollege, Wirtschaftsminister Philipp Rösler, zeigte sich enttäuscht: "Ich hätte mir ein besseres Abschneiden der Reformkräfte in Italien vorstellen können", sagte der Vorsitzende der Liberalen.

Merkel appelliert

Mit Verzögerung meldete sich auch Angela Merkel zu Wort. Die Kanzlerin appellierte an das Verantwortungsbewusstsein der Politiker in Rom. Sie hätten die Verantwortung, die richtigen Entscheidungen zu treffen und das Beste aus dem knappen Ergebnis für Italien und Europa zu machen. Man dürfe sich nicht auf die Unterscheidung zwischen Sparen und Wachstum einlassen. Dies seien keine Gegensätze.

Merkel reagierte damit auf die französische Regierung. Frankreichs Finanzminister Pierre Moscovici hatte das Wahlergebnis als Aufruf zu einer stärker auf Wachstum ausgerichteten Politik in Europa interpretiert. Europa müsse den Menschen eine andere Perspektive als reines Sparen bieten. Merkel betonte dagegen, Wachstum und Konsolidierung gehörten zusammen.

Auf den unerwartet großen Erfolg des Ex-Komikers Beppe Grillo reagierte Bundeskanzler Werner Faymann am Dienstag: "Einige sind ausgebildete Komiker, andere auch unfreiwillige", so Faymann zu all jenen, die vor allem auf die Proteststimmung in der Bevölkerung abzielen. Man müsse aufzeigen, dass jemand, der nur für Protest stehe, dann eben nichts mitzugestalten habe, meinte der Kanzler. Europaweit müsse man jene stärken, "die etwas vorhaben". "Alles, was die konstruktiven Kräfte in einem Land stärkt, hilft in Europa", sagte der SPÖ-Vorsitzende.

"Der Wähler hat immer recht", betonte Außenminister Michael Spindelegger, das italienische Ergebnis sei zu akzeptieren. Dennoch brauche eine handlungsfähige Regierung in Italien eine Mehrheit in beiden Parlamentskammern. Alle Gewählten sollen Verantwortung auf sich nehmen, um diese Probleme zu überwinden. Österreichs zweitwichtigster Handelspartner müsse auf gesunden Beinen stehen. "Ich hoffe sehr, dass man sich am Riemen reißt", sagte Spindelegger.

Still blieb es hingegen im Kreml. Trotz des überraschend guten Abschneidens von Silvio Berlusconi enthielt sich dessen Freund, der russische Präsident Wladimir Putin, eines Kommentars.