Wachstum kann sich nur einstellen, wenn Unternehmen Zukunftschancen sehen. Italiens Exporte sind stark diversifiziert und in ihrer Vielfalt sogar breiter aufgestellt als ihr deutsches Pendant - sie hängen aber viel stärker von schwächelnden europäischen Märkten ab. Und: Italien schneidet katastrophal ab, wenn es darum geht, Firmen und ihre Geschäfte zu fördern. Daran sind nicht allein die Mafia und korrupte Politiker schuld: Auf der Weltbank-Rangliste jener Länder, die es Unternehmen leicht machen ("Doing Business"), landet Italien auf dem desaströsen Platz 73. Bei der Einhaltung von Verträgen reicht es gar nur zu Platz 160 - direkt vor Dschibuti und der Republik Kongo.
Montis "goldene Regel"
In den 14 Monaten seiner Regierung hatte Mario Monti etliche Strukturreformen begonnen, um mehr Wettbewerb zuzulassen, abgeschottete Sektoren zu öffnen und das Arbeitsrecht flexibler zu machen. Über fünf Jahre könnte das der Wirtschaftsleistung einen Schub von 5,75 Prozent verpassen, berechneten Experten des IWF. Die Antwort in Italien waren aber Streiks und Proteste gegen die Lockerung des Kündigungsschutzes.
Der Ruf des Über-Sparmeisters oder gar eines "von Deutschland installierten Prokonsuls" (Krugman) wurde Monti zu Unrecht verpasst - er könnte sogar als Erfinder einer wachstumsfreundlichen Konsolidierung gelten. Schon lange vor der Krise plädierte Monti für die "goldene Finanzierungsregel". Demnach dürften öffentliche Investitionen, die Gewinn für künftige Generationen abwerfen, über Schulden finanziert werden. Laufende Ausgaben müssten hingegen mit Steuereinnahmen gedeckt sein.
Die Chance, das als Wachstumskonzept für Italien umzusetzen, bleibt Monti wohl verwehrt. Ob sein Nachfolger einen Kurswechsel vornehmen kann, ist aber fraglich. "Je länger Reformen verzögert werden, umso höher wird am Ende die Rechnung für die Italiener ausfallen", warnte EU-Kommissionssprecher Olivier Bailly am Dienstag. Die Kommission mag nicht immer der beste Ratgeber sein. In diesem Fall hat sie recht.