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Handschlag unter Wiens Regie

Von Veronika Eschbacher

Politik

Historisches Treffen unter der "Schirmherrschaft" Österreichs.


Furth bei Göttweig. "Geschlossene Gesellschaft, aha", sagt eine Besucherin des Stifts Göttweig, als sie bei herrlichem Sonnenschein vor den Türen des Stiftsrestaurants von verkabelten Männern in dunklen Anzügen gebeten wird, kehrtzumachen. "Irgend so a Politikertreffen", fügt ihr Begleiter hinzu und zuckt mit den Schultern. Dabei konnte beim diesjährigen Europa-Forum Wachau keine Rede von "irgendeinem" Politikertreffen sein. Denn: Im Rahmen des hochrangig besetzten Forums waren am Sonntag die beiden Regierungschefs Serbiens und des Kosovo - Ivica Dacic und Hashim Thaci - zusammengekommen. Und sie reichten einander dabei auch die Hände.

Das ist alles andere als selbstverständlich. Dacic selbst hatte den damaligen serbischen Präsidenten Boris Tadic noch im Vorjahr für einen Händedruck mit dem kosovarischen Regierungschef kritisiert. Der Kosovo ist eine ehemalige Provinz Serbiens und hat sich 2008 unabhängig erklärt. Das hauptsächlich von ethnischen Albanern bewohnte Land wird mittlerweile von 100 Staaten offiziell anerkannt, darunter Österreich, nicht aber von fünf EU-Ländern, Russland oder eben Serbien. Seit einigen Monaten stehen die Zeichen mit dem ehemaligen Kriegsgegner aber auf Entspannung. Im April konnte unter Vermittlung der EU ein Normalisierungsabkommen beschlossen werden, bei den zahlreichen Verhandlungsrunden in Brüssel waren die beiden jedoch nie gemeinsam aufgetreten.

Eingefädelt wurde das Treffen von Außenminister Michael Spindelegger, der sein Fehlen bei der Golan-Debatte im Nationalrat mit der Vorbereitung dieses "historischen Treffens" entschuldigt hatte. Die Spannung vor dem Eintreffen der beiden einst verfeindeten Balkan-Politiker am Stiftsberg war den Organisatoren anzumerken. Ein Großaufgebot aus dem österreichischen Außenministerium und ein durchdachter Plan sollten für einen reibungslosen Ablauf des heiklen Zusammentreffens sorgen. "Wir haben das schon mit Hirnschmalz angestellt", lobte ein Mitarbeiter des Außenministeriums die Vorbereitungen gleich vorweg.

"Unter hohem Risiko"

Und in der Tat ging die Choreografie perfekt auf. Als der serbische Premier Dacic als Letzter eintraf und ihn Spindelegger begrüßte, zog Landeshauptmann Erwin Pröll den wenige Minuten zuvor eingetroffenen und extra ganz rechts außen platzierten kosovarischen Premier Thaci nach vorne. Von den beiden Österreichern und zahlreichen Medienvertretern eingekreist, konnten sie eigentlich gar nicht mehr aus.

Während Thaci beim Handschlag etwas steif und unbeholfen wirkte, grinsten Spindelegger und Pröll über beide Ohren. Dacic nahm die Situation locker, löste den Handschlag aber sehr rasch und begrüßte die weiteren Außenminister vor Ort. Pröll klopfte anschließend Thaci, der noch etwas verloren am gleichen Ort stand, anerkennend auf den Rücken.

Wenn auch der Einstand etwas verhalten ausfiel und Dacic den kosovarischen Premier als "Herrn Thaci" bezeichnete, tauten die beiden Regierungschefs spätestens in ihren Reden auf. "Wir haben die Lektionen der Vergangenheit gelernt", betonten beide wiederholt und glaubhaft. Thaci ließ den gesamten Prozess der Normalisierung der Beziehungen - der "oft frustrierend und ermüdend war" - von den ersten, technischen Gesprächen etwa über Nummernschilder bis hin zu dem im April beschlossenen Abkommen zum Nordkosovo Revue passieren. Er warnte vor "radikalen Elementen", die nach wie vor im mehrheitlich serbisch besiedelten Nordkosovo aktiv wären, und rief die Bewohner der Region auf, das "nicht populistische" Abkommen zu akzeptieren.

Auch Dacic schlug in die gleiche Kerbe und betonte, dass das Abkommen unter "hohem politischen Risiko" eingegangen wurde. Der serbische Premier konzentrierte sich jedoch vor allem auf die Zukunft Serbiens innerhalb der EU. "Man darf kein Spiel mit beweglichen Zielscheiben spielen", mahnte er. Serbien war den Normalisierungsprozess mit dem Kosovo vor allem eingegangen, um einen großen Schritt in Richtung EU zu machen. Dacic erinnerte die EU an ihre Zusage, Serbien ein Datum für Beitrittsverhandlungen beim EU-Gipfel Ende Juni zu geben. "Jedes andere Ergebnis wird deutlich negative Auswirkungen auf den Reformprozess haben."

Beobachter sehen aber kaum mehr eine Möglichkeit für einen Abgang vom Annäherungsprozess. Davon zeugte auch, dass sich die beiden Premiers noch auf der Terrasse, über den grünen Hügeln der Wachau, zu einem Vier-Augen-Gespräch setzten.