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Erster Testlauf für den Gesamtstaat Kosovo gescheitert

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik

Serbische Ultranationalisten torpedierten Urnengang mit Gewalt.


Pristina/Begrad. Die Lokalwahlen im Kosovo waren nicht gerade von Erfolg gekrönt. Im Norden, der mehrheitlich von Serben bewohnt wird, kam es am Wahlsonntag zu Tumulten in den Wahllokalen. In der geteilten Stadt Mitrovica mussten die Wahlen abgebrochen werden, weil Nationalisten in Wahllokale einfielen, Wahlurnen zerstörten und Wählerlisten mitnahmen. Schon vor diesem Zwischenfall schürten Rechtsradikale Angst, indem sie die wenigen serbischen Wähler, die sich dem Wahlboykott widersetzt hatten, vor den Wahllokalen filmten und somit unausgesprochen mit Konsequenzen drohten. Die Radikalen schlugen auch einige Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, die die Wahlen mitorganisierten, in die Flucht.

Das Dilemma des Kosovo ließ sich offenbar nicht, wie von der Brüssel erhofft, mit den - ersten landesweit abgehaltenen - Wahlen seit der Unabhängigkeit 2008 lösen. Dabei versucht sich die EU seit Monaten als Vermittler zwischen Belgrad und Pristina. Ziel der Gespräche und des im April in Brüssel geschlossenen Abkommens zum Kosovo ist, den Serben im Norden weitestgehend Autonomie zuzugestehen, sie aber in den Staat Kosovo zu integrieren. Die Lokalwahlen waren ein erster Probelauf, der aber misslang.

Schuld sind die anderen

Serbien und Kosovo schoben einander am Montag jedenfalls gegenseitig die Schuld für die Gewaltakte in Mitrovica zu. Wenn die Regierung in Belgrad davon spricht, dass Kriminelle hinter den Attacken stecken, hat sie damit - teilweise - recht: Die unsichere Situation und die illegalen Grenzübergänge im Norden, die in dem Landesteil noch immer herrscht, kamen vor allem Kriminellen zugute, die mit Zigaretten-, und Benzin- und Waffenschmuggel satte Gewinne machten. Gegen sie konnten bisher weder die Nato-Schutztruppe KFOR noch die EU-Rechtsmission Eulex etwas ausrichten.

Die Serben im Norden erkennen Pristina nicht als ihre Hauptstadt an. Eine Spaltung des Landes kommt weder für den Kosovo noch für Brüssel oder die USA in Frage. Wollen sich Serbien und der Kosovo der EU annähern, müssen sich die Verhältnisse normalisieren, lautet Brüssels Auflage. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton verurteilte die Gewalt, die den "insgesamt ordentlichen Urnengang gestört" hätte, wie sie sagte. Bereits am Mittwoch trifft sie erneut mit Kosovos Premier Hashim Thaci und Serbiens Ivica Dacic in Brüssel zusammen. Thaci sprach am Montag von "fairen und demokratischen Wahlen". Er sieht die Brüsseler Vereinbarung vom April als erfüllt an. Für Thacis Demokratische Partei (PDK), die laut ersten Auszählungsergebnissen knapp vor dem Demokratischen Bund (LDK) lag, sind die Lokalwahlen ein wichtiger Testlauf für die Parlamentswahlen 2014.

Stichwahlen im Dezember

Fraglich ist, ob die Wahlkommission in Pristina die Wahlergebnisse im Norden trotz der Störmanöver anerkennt. Eine Möglichkeit zur Wahlwiederholung, wie sie serbische Politiker im Kosovo bereits fordern, würde sich bei den Stichwahlen am 1. Dezember bieten - nur zehn von 35 Bürgermeistern erreichten schon im ersten Wahlgang über 50 Prozent der Stimmen.