"Wiener Zeitung": Die EU-Kommission arbeitet an neuen Regeln für staatliche Beihilfen im Energiebereich. Zuerst will sie aber die Staaten dazu bringen, ihre Förderungen für erneuerbare Energie zu überdenken. Was ist zu ändern?

Walter Boltz: Es geht um Rahmenbedingungen zur Harmonisierung. Es hat sich gezeigt, dass die national unterschiedlichen Fördermechanismen, die teilweise komplett ignorieren, ob der erzeugte Strom überhaupt gebraucht wird, ab einem gewissen Grad gravierende Schwierigkeiten auf dem Markt verursachen. In Deutschland etwa wird stunden- und tageweise viel mehr Strom produziert, als verbraucht und abtransportiert werden kann.

Worüber sich Nachbar Polen beschwert, durch dessen Leitungen der Strom dann fließt, was den eigenen Energieerzeugern Probleme bereitet...

Und kein haltbarer Zustand ist. Ein Stromnetz kann nämlich nur funktionieren, wenn Erzeugung und Verbrauch ziemlich parallel gehen. Darauf sollten auch die Fördersysteme abgestellt werden. Dabei sollen die Erzeuger dazu bewegt werden, auf Marktsignale zu reagieren. Wenn zu viel Strom da ist, sollten Förderungen nicht in vollem Umfang ausgezahlt werden. Andernfalls haben wir eine Situation wie mit den Milchseen in den 1970er Jahren, als nur die Produktion unterstützt wurde und auf einmal zu viel da war.

Ist zu viel Windenergie da oder gibt es zu wenige Leitungen?

Es war ein politisches Versagen, es nicht parallel zu tun: Wäre der Netzausbau mit gleichem Tempo vorangetrieben worden wie der Windkraftausbau, hätten wir wohl ein geringeres Problem. Das ist jetzt aber ein schwerwiegendes: Die Energiewirtschaft hat in den letzten Jahren 50, 60 Prozent ihres Börsenwerts verloren.

Und daran soll der Ökostrom schuld sein?

Wir haben auch seit 2008 kein Wirtschaftswachstum. Aber der Emissionshandel und die Förderungen für Erneuerbare haben auch dazu beigetragen. Die Instrumente in der Energiepolitik waren nicht aufeinander abgestimmt; das Gleichgewicht fehlte.

Das Ziel waren aber auch Maßnahmen zum Klimaschutz.

Emissionshandel war eine gute Idee, aber großzügig dimensioniert. Und mit der Förderung von erneuerbaren Energien gab es ein Überangebot an CO2-Emissionsrechten. Die Preise für die Zertifikate sind runtergegangen. Das Ziel der CO2-Reduktion wurde aber erreicht. Gleichzeitig - doch nicht damit koordiniert - haben wir ein Fördersystem für Erneuerbare aufgebaut, das teilweise auch sehr großzügig war und in einzelnen Ländern, bei einzelnen Technologien sogar in Günstlingswirtschaft reingerutscht ist. Manche haben überproportional viel bekommen.