Kiew/Wien/Brüssel. Nach langem Warten, Zögern und Hinausschieben, nach dutzenden Reisen der EU-Gesandten Pat Cox und Aleksander Kwasniewski nach Kiew, nach intensiven Gesprächen ukrainischer und russischer Verhandler scheint nun im Streit um die geplante EU-Assoziierung der Ukraine eine Entscheidung gefallen zu sein. Während der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch am Donnerstag seinen Wien-Besuch bei Bundespräsident Heinz Fischer absolvierte, veröffentlichte seine Regierung ein Dekret auf ihrer Website. Und der Inhalt der Bekanntmachung ist für die EU nicht erfreulich: Die Ukraine stoppt ihre Vorbereitungen für das geplante Assoziierungsabkommen mit der Union. Statt des Abkommens will Kiew nun eine Dreierkommission mit Russland und der EU über Handelsfragen bilden.
Der Vertrag mit Brüssel hätte eigentlich am 28. November auf dem Gipfel der EU-Ostpartnerschaft in Vilnius unterzeichnet und somit in Kraft gesetzt werden sollen. Fertig verhandelt ist das Abkommen, das unter anderem die Schaffung einer Freihandelszone vorsieht, bereits seit zwei Jahren. Brüssel und Kiew hatten im Rahmen der EU-Ostpartnerschaft jahrelang darauf hingearbeitet. Die Unterzeichnung scheiterte aber bisher an der Forderung der EU, Kiew möge sich im Bereich "selektive Justiz" bewegen - konkret: Janukowitsch soll seine schärfste politische Rivalin, Oppositionsführerin Julia Timoschenko, freilassen. Die Ikone der "Orangen Revolution", die sich in den 1990er Jahren einen zweifelhaften Ruf als "Gasprinzessin" erworben hat, war 2011 in einem umstrittenen Urteil wegen Amtsmissbrauchs zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
Dass der immer autoritärer regierende Präsident aus dem Donezbecken aber nicht daran denkt, Timoschenko zu pardonieren, war auch am Donnerstag wieder klar geworden. Nur wenige Stunden, bevor die Regierung ihr Dekret veröffentlichte, lehnte die Werchowna Rada, das Parlament in Kiew, ganze sechs Gesetzesvorschläge der prowestlichen Opposition ab, die eine Behandlung der erkrankten Ex-Premierministerin im Ausland ermöglicht hätten. Dass die Sitzung diesmal betont schnell, bereits am Vormittag - unter "Schande"-Rufen der Oppositionellen - zu Ende ging, ließ bereits vermuten, dass Janukowitsch andere Pläne wälzte. Dazu passend klangen auch die Worte des Präsidenten in Wien nach dem Treffen mit Fischer eher zurückhaltend: Eine Ausreise Timoschenkos sei nur "unter Einhaltung der bestehenden ukrainischen Gesetze" möglich.