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Hierzulande "keine inszenierte Hysterie"

Von Alexander Dworzak

Politik

Botschafterin lobt Österreich, erwartet keine Massenzuwanderung aus Rumänien.


Wien. Empört und erleichtert zugleich wirkt Silvia Davidoiu. Spricht man Rumäniens Botschafterin in Österreich auf die zuletzt heiß diskutierten Themen Sozialtourismus und "Armutszuwanderung" an, findet sie deutliche Worte: Großbritanniens Medien würden eine "Massenhysterie inszenieren", sagt die Diplomatin im Gespräch mit Journalisten, darunter auch die "Wiener Zeitung". Ganz anders, nämlich objektiv und "ohne Extravaganzen", berichteten ihrer Meinung nach die heimischen Blätter, Radio- und TV-Stationen sowie Onlineportale.

Dass die vollständige Freiheit für Rumänen und Bulgaren am EU-Arbeitsmarkt seit 1. Jänner hierzulande vergleichsweise geräuschlos abläuft, sei der strengen - und im Gegensatz zu Deutschland eindeutigen - Sozialgesetzgebung in Österreich zu verdanken: Es gebe daher "null Chance", sich Sozialleistungen zu erschleichen.

"Wer Rumänien verlassen will, hat dies ohnehin schon längst getan", versucht die Botschafterin Befürchtungen zu zerstreuen. Rund 500.000 Rumänen versuchten seit 2007 ihr berufliches Glück außerhalb der Heimat. Bedingt durch die Krise in den aufgrund der Sprachverwandtschaft einst begehrten Ländern Spanien und Italien seien 2012 mehr Rumänien zurückgekehrt als fortgezogen. In Österreich leben schätzungsweise 70.000 rumänische Staatsbürger; nach den Deutschen waren sie 2012 die am stärksten wachsende ausländische Community. Zwar rechnen Experten damit, dass der Zuzug nach Österreich unvermindert anhält, von einer "Überschwemmung" des Arbeitsmarktes geht aber niemand aus; mit lediglich 4000 Rumänen pro Jahr rechnen Sozial- und Wirtschaftsministerium.

Es sind Arbeitskräfte, die Rumänien selbst bitter nötig hätte. Insbesondere an Ärzten, Krankenschwestern und Pflegern bestehe Mangel, so Davidoiu. So ginge die Hälfte der Krankenschwestern unmittelbar nach ihrer Ausbildung ins Ausland. Bei 500 Euro pro Monat liegt der Durchschnittslohn in Rumänien, die Regierung stockt daher jungen Ärzten während des Turnus das Gehalt auf, um sie zumindest eine Zeit lang halten zu können. Auch Lehrer erhalten ein Zusatzeinkommen. Fehlende Arbeitskräfte sollen aber nicht durch Zuwanderung, etwa aus dem benachbarten Moldau, kompensiert werden.

Gute Nachrichten kann Rumänien beim Abruf von EU-Fördergeldern vermelden. Zwar hat das südosteuropäische Land bei Weitem nicht die möglichen 5,7 Milliarden Euro für 2007 bis 2013 erzielt. Seit Antritt der Regierung unter Victor Ponta 2012 sei die Abrufquote von aber 7 auf mehr als 30 Prozent gestiegen, so die Botschafterin. Der Sozialdemokrat Ponta ist jedoch umstritten: Am Mittwoch wies Rumäniens Verfassungsgericht einstimmig ein im Dezember 2013 beschlossenes Gesetz, das in den Medien unter dem Titel "Superimmunität" für Aufregung sorgte, zurück. Diesem zufolge wären Ermittlungen wegen Korruption und Interessenskonflikten bei Parlamentariern und Lokalpolitikern nicht mehr zulässig gewesen.