Brüssel. (ag/wak) Der Zeitplan für die Bankenunion gerät immer mehr ins Wanken. Das EU-Parlament stimmte am Donnerstag mit breiter Mehrheit für die Schaffung einer europäischen Abwicklungsbehörde und wendet sich damit weiter gegen die Ratsposition. Es geht um die letzten Kapitel der Gesetzgebung zur Einrichtung der EU-Bankenunion. Das bestehende Verhandlungsmandat des Europaparlaments wurde mit 441 Stimmen bestätigt, bei 141 Gegenstimmen und 17 Enthaltungen.

Während das Parlament einen einheitlichen Abwicklungsmechanismus auf einer gemeinschaftlichen Basis anstrebe, favorisierten die Staaten eine zum Teil zwischenstaatliche Lösung, vor allem bei der Schaffung des gemeinsamen Abwicklungsfonds.

Das Europaparlament sieht die Position der Mitgliedstaaten mit erheblichen Nachteilen behaftet, die zudem den Kern des Systems gefährden - sie stellt nämlich nicht sicher, dass nicht jedes Mal zuerst die Steuerzahler belangt werden, wenn es darum geht, marode Banken zu retten. Die Hauptnachteile seien ein zu komplexes und zu stark politisch ausgerichtetes Entscheidungsverfahren zur Liquidation von Finanzinstituten und ein durch die Banken finanzierter Fonds, der in den ersten Jahren kaum glaubwürdig wäre.

Die Abgeordneten sind ebenfalls besorgt über den Wunsch der EU-Länder, eine zwischenstaatliche Komponente in das System einzubauen, vor allem, da es laut den Abgeordneten keine ausreichenden rechtlichen Grundlagen dafür gibt.

Der Vizepräsident des Europaparlaments, Othmar Karas (ÖVP), betonte, es dürfe keine nationalen Vetomöglichkeiten geben.

"Wenn eine marode Bank abgewickelt werden muss, um Schlimmeres von der gesamten EU abzuwenden, brauchen wir einen europäischen Entscheidungsmechanismus." Nationale Egoismen durch Vetomöglichkeiten würden nur dazu führen, dass es "sich die Mitgliedsstaaten wieder einmal richten können", so Karas.

Sein Fraktionskollege Burkhard Balz von der CDU bezeichnete dagegen die Haltung des Europaparlaments als keinen hilfreichen Beitrag. Das EU-Parlament suche die Konfrontation mit dem Rat. Den Grund sieht Balz in den weit auseinanderliegenden Positionen des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten, die die Verhandlungen nur langsam vorangehen ließen. Daher schlossen sich die Abgeordneten von CDU und CSU dem Votum nicht an, weil sie weitere Verzögerungen auf dem Weg zur Bankenunion fürchten.

Karas meint dagegen, die Blockade durch einige EU-Länder bringe die gesamte Bankenunion in Gefahr. Entschieden verwehrte sich der ÖVP-Delegationsleiter gegen Pläne, Teile des Bankenabwicklungsmechanismus nicht als EU-Instrument zu konstruieren, sondern als Zusammenarbeit der Staaten außerhalb der EU. Damit würden die Uhren um Jahrzehnte zurückgedreht.

Swoboda: "Keine Lösung besser als schlechter Deal"

Der Fraktionschef der Sozialdemokraten im EU-Parlament, Hannes Swoboda, erklärte, eine Vereinbarung vor den Europawahlen im Mai sei wünschenswert, "aber nicht irgendeine". Keine Lösung sei besser als ein schlechter Deal. Die Bankenunion müsse effizient und einfach sein und die Gemeinschaftsmethode respektieren, wandte sich auch Swoboda gegen die Ratsposition.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz kündigte an, die Finanzminister um ein Sondertreffen zu bitten. Die EU-Kommission gab keine Stellungnahme ab.