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Janukowitsch sieht sich weiter als Präsident der Ukraine

Von Veronika Eschbacher

Politik

Flüchtiger Präsident wohl in Russland, daheim durchforsten Aktivisten Residenz.


Kiew. Tagelang herrschte Rätselraten über den Verbleib des am Samstag vom Parlament der Ukraine abgesetzten Präsidenten Wiktor Janukowitsch. Am Donnerstag brach er sein Schweigen und ließ über russische Medien eine Erklärung an das ukrainische Volk ausrichten. Er sehe sich nach wie vor als rechtmäßiger Präsident des Landes und halte alle vom Parlament in Kiew gefassten Beschlüsse für rechtswidrig. Die russische Regierung bat er, für seine persönliche Sicherheit zu garantieren, da er bedroht werde. Nicht viel später fühlten sich jene, die Janukowitsch bereits in Russland wähnten, bestätigt: Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtete, Janukowitsch werde heute, Freitag, im südrussischen Rostow am Don eine Pressekonferenz geben und berief sich auf dessen Vertraute.

Während die Details der Flucht nach Russland noch weitgehend im Dunkeln liegen, kommt in das bisherige Geschäfts- und Privatleben Janukowitschs immer mehr Licht. Dieser hatte zwar versucht, belastende Materialien vor seiner Absetzung zu vernichten, in dem er sie in einen Stausee werfen ließ. Seit jedoch Freiwillige und Journalisten die Luxus-Residenz Meschigorje übernommen haben, haben Taucher die Dokumente geborgen.

Zwischen Luxus und Angst

Die am Anfang noch klebrigen und teilweise verkohlten Papierhaufen wurden einzeln in der Garage Janukowitschs zwischen seinen Booten und dem exklusiven Fuhrpark am Boden ausgelegt. Mittlerweile sind sie trocken - und insgesamt gut 250 Kisten mit mehr als 12.000 Dokumenten sichergestellt. Die Sichtung und Auswertung wird von den Revolutionären nun fast als Nationalprojekt betrachtet. Gut 1.500 sind bereits auf der Internetplattform Yanukovych Leaks abrufbar. "Direkt aus dem Gruselkabinett des Diktators", preisen Aktivisten diese in sozialen Medien an.

Sie offenbaren - wie das Anwesen selbst, das die Besucher etwa durch den Privatzoo mit Straußen, Bären und Kakadus verblüfft - das Zweitleben von Janukowitsch. Dieses strotzt nur so vor Prasserei, Korruption und Verfolgungswahn. Es finden sich etwa Bestellungen von Pflanzen und Blumen um 1,1 Millionen Euro in der Ukraine oder Möbel aus Deutschland für das Teezimmer für 1,6 Millionen. Vor allem aber stapeln sich Belege über "Eingänge von Investoren" - ein einzelner etwa bestätigt den Erhalt von 12 Millionen Dollar in bar. Von wem die Summen stammen, wird in Sammeltabellen meist nur mit Vornamen oder Kürzel ausgewiesen - "Lena", oder "Serg. Kr.".

In anderen Papieren war man um Verschleierung nicht großartig bemüht. So ist in einer Ausgabenliste von 2010 in einer Zeile klar ausgewiesen, dass 39.000 Dollar als "Bestechungsgeld zum Gewinn der Ausschreibung 20A" verwendet wurden.

Lokale Journalisten und politische Aktivisten schreckte aber vor allem der Fund von seitenlangen Dossiers über sie auf. Diese inkludieren neben der Heimanschrift mehrere Fotos dieser Personen, ihrer Autos. und Tätigkeiten. Manche von ihnen sind mit "gefährlich" markiert. Die Unterlagen soll schließlich der Staatsanwaltschaft für den Prozess gegen Janukowitsch übergeben werde. Ob dieser aus Russland zurückkehrt, ist allerdings fraglich.

Yanukovych Leaks