Kiew/Wien. Die für Verfassungsfragen zuständige Venediger Kommission des Europarates wird das für kommendes Wochenende auf der Krim geplante Referendum über einen Beitritt Russlands auf seine Legitimität prüfen. Das erklärte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) in seiner Funktion als Vorsitzender des Europarates in Kiew.
Die Entscheidung der Kommission könnte bereits am Freitag fallen, meinte der Außenminister, der sich am Montag zusammen mit Europarats-Generalsekretär Thorbjörn Jagland in der Ukraine aufhielt. Die ukrainische Regierung habe die vom Europarat angebotene Unterstützung dankbar aufgenommen, erklärte Kurz nach Gesprächen mit der ukrainischen Staats- und Regierungsspitze.
Landesweite Truppenübungen der ukrainischen Armee
Wenige Tage vor dem Referendum hat das ukrainische Verteidigungsministerium eine breitangelegte Überprüfung der eigenen Gefechtsbereitschaft angeordnet. Die Armee sei landesweit zu Übungen ausgerückt, sagte der kommissarische Verteidigungsminister Igor Tenjuch am Montag in einem Fernsehinterview. Es sei volle Kampfbereitschaft angeordnet.
Zugleich betonte Tenjuch, die Regierung in Kiew setze auf Diplomatie. Die moskautreue Führung der Krim kritisierte die Übung als "Aggression". Die Zugänge zu der strategisch wichtigen Halbinsel werden von Paramilitärs kontrolliert, bei denen es sich um russische Soldaten handeln soll.
Russische Einheiten weiteten Kontrolle über Krim aus
Russische Militäreinheiten haben indessen ihre Kontrolle über die Krim ausgebaut, Soldaten besetzten ein Militärkrankenhaus und einen Raketenstützpunkt. Wie die Nachrichtenagentur Interfax Ukraine meldete, drangen pro-russische Kräfte und russische Soldaten in das Krankenhaus in der Regionalhauptstadt Simferopol ein. Dort befänden sich mindestens 20 Schwerkranke.
Auf einer Militärbasis in Sewastopol haben rund 200 russische Soldaten nach Angaben eines ukrainischen Militärsprechers den ukrainischen Soldaten die Waffen abgenommen und das Kommando über den Stützpunkt übernommen. Russische Einheiten kontrollieren auf der Krim inzwischen zahlreiche Militärstützpunkte und Verwaltungsgebäude.
Janukowitsch kündigt Erklärung an
Rund zwei Wochen nach seiner Absetzung durch das Parlament will sich der frühere ukrainische Staatspräsident Wiktor Janukowitsch erneut an die Öffentlichkeit wenden. Janukowitsch werde am Dienstag in der südrussischen Stadt Rostow am Don eine Erklärung abgeben, berichteten russische Nachrichtenagenturen am Montag unter Berufung auf Vertraute des früheren Staatschefs.
Janukowitsch war am 22. Februar nach monatelangen Massenprotesten und einer Gewalteskalation auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew vom Parlament für entmachtet erklärt worden. Er war daraufhin nach Russland geflüchtet. Schon am 28. Februar hatte Janukowitsch in Rostow am Don eine Pressekonferenz gegeben. Dabei hatte er seinen Anspruch auf das Präsidentenamt bekräftigt und der Übergangsregierung in Kiew die Legitimität abgesprochen.
Chodorkowski kritisiert Putin
Der russische Ex-Ölmagnat Michail Chodorkowski hat in einer Rede in Kiew die Krim-Politik Moskaus scharf kritisiert. "Die Entscheidung der russischen Führung, sich in die revolutionären Prozesse in der Ukraine einzumischen, halte ich für einen historischen Fehler", sagte Chodorkowski am Montag vor etwa 2.000 Zuhörern im Polytechnischen Institut der ukrainischen Hauptstadt.
In der Krim-Krise sehe er nur langwierige Verhandlungen als Ausweg. Zu tief sei der Glaube in Russland verankert, dass die Halbinsel ureigenes russisches Territorium sei, sagte der 50-Jährige. Er war Ende Dezember nach zehn Jahren russischer Lagerhaft freigekommen.