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Machtkampf um Bankenunion

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik
Auf ein längeres Beisammensein müssen sich die Finanzminister der EU bei ihrem Treffen einstellen - darunter die Ressortchefs Spaniens, Irlands, der Niederlande und Griechenlands, Luis de Guindos, Michael Noonan, Jeroen Dijsselbloem und Jannis Stournaras (v.l.).
© reu/F. Lenoir

Kreditinstitute könnten Fonds schneller als geplant auffüllen.


Brüssel. Wie lange es dauern wird, wagt kein Diplomat vorherzusagen. Aber lang soll es werden, da sind sich die meisten sicher. Wenn am heutigen Dienstag in der Früh die Finanzminister der EU zu einem Treffen in Brüssel zusammenkommen, werden sie kaum vor Mitternacht wieder auseinandergehen. Und einige von ihnen werden da schon eine abendliche Sitzung hinter sich gebracht haben.

Denn die Verhandlungen über europäische Werkzeuge zu einer einheitlichen Abwicklung maroder Banken in Europa gehen in eine entscheidende Phase. Wie dieser Mechanismus funktionieren soll, beraten nun erneut die EU-Minister, nachdem sie schon am Montagabend über die Schaffung eines gemeinsamen Abwicklungsfonds diskutiert haben. Mit den Mitteln aus diesem Topf soll die Restrukturierung der Geldhäuser finanziell unterstützt werden. Am morgigen Mittwoch dann sollen die Pläne mit denen des EU-Parlaments abgeglichen werden. Dafür wollen sich die Länder auf einen Kompromissvorschlag einigen - und das wird die Minister eben einige Zeit kosten. Gibt es nämlich keine Verständigung, könnte sich das gesamte Projekt wegen der EU-Wahlen wesentlich verzögern.

Das aber ist nicht erwünscht, heißt es sowohl aus den Mitgliedstaaten als auch aus dem Parlament. Doch Meinungsunterschiede bestehen nicht nur zwischen den beiden Gesprächspartnern. Innerhalb der Länder selbst gibt es ebenfalls Differenzen. So ist noch umstritten, wer die Entscheidung über die Abwicklung eines Unternehmens treffen kann oder wie schnell der gemeinsame Fonds aufgefüllt werden soll. Ursprünglich sollten in den Topf innerhalb von zehn Jahren rund 55 Milliarden Euro fließen, wobei die jeweiligen Banken in sogenannte Länderkammern einzahlen, deren nationale Bedeutung mit der Zeit schwindet, bis das Instrument ein gemeinschaftliches ist. Doch das EU-Abgeordnetenhaus wünscht sich einen kürzeren Zeitraum für den Aufbau des Fonds - und die Minister könnten ihm entgegenkommen. Denn mittlerweile hat dies auch Deutschland angedeutet: Laut Finanzminister Wolfgang Schäuble gebe es die Bereitschaft, "es schneller zu vereinbaren". Dafür müssten die Kreditinstitute aber rascher ihre Beiträge einzahlen - und sie wehren sich gegen zu große zusätzliche Belastungen. In Österreich beispielsweise gibt es zwar die Bankenabgabe, doch die kommt dem Budget zugute. Würde das Geld in den Abwicklungstopf fließen, würde es im nationalen Haushalt fehlen.

Wer soll entscheiden?

Das ist nur eine der Unklarheiten. So gilt es noch, generell die Modalitäten der Einzahlung festzulegen, also die Kriterien, nach welchen die Leistungen der einzelnen Banken für den Fonds berechnet werden.

Was dem Parlament jedenfalls nicht gefällt, ist die Art, wie das Instrument geschaffen wird. Das erfolgt nämlich auf der Grundlage eines zwischenstaatlichen Abkommens statt auf Basis des EU-Vertrags, was die Mitspracherechte der Volksvertretung wesentlich einschränkt. Daran wird sich wohl kaum etwas ändern. "Ich hoffe, das Parlament kann dies akzeptieren", erklärte der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem, denn auch bereits.

Eine andere Forderung aus dem Abgeordnetenhaus weist vor allem die Regierung in Berlin ebenfalls zurück. Anders als die Mandatare findet sie, dass die Staaten bei der Schließung einer Bank mitreden müssten - vor allem wenn sie dafür zahlen sollen. Die Abgeordneten hingegen würden lieber die EU-Kommission entscheiden lassen, ohne dies von den nationalen Regierungen abhängig zu machen. Ein Kompromiss könnte sein, dass die Minister lediglich eine Einschätzung liefern, ob die Abwicklung im öffentlichen Interesse und notwendig sei.

Einig sind sich die Verhandlungspartner jedenfalls im Ziel des gesamten Vorhabens: Die Abwicklungsregeln, zusammen mit der europäischen Bankenaufsicht, sollen das Finanzsystem der EU krisenfester machen. Wenn Kredithäuser aber in Schwierigkeiten geraten, sollen zunächst Eigentümer und Gläubiger finanziell zur Rettung beitragen. Erst am Ende soll dafür Geld der Steuerzahler verwendet werden dürfen.