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Keine Einigung zur Krim

Von WZ-Korrespondent Peter Nonnenmacher

Politik
Bemühte Höflichkeit, sichtliche Distanz zwischen Lawrow (l.) und Kerry.
© Brendan Smialowski

Im Konflikt um die Krim versagt in London die Diplomatie.


Ergebnislos ist am Freitag in London ein letzter diplomatischer Versuch zur Entschärfung der Ukraine-Krise vor dem Krim-Referendum dieses Wochenendes verlaufen. US-Aussenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow mussten zwei Tage vor der Abstimmung einräumen, dass sie keinen Kompromiss hatten erreichen können.

Es existiere "keine gemeinsame Sicht der Dinge", erklärte Lawrow nach seinem sechsstündigen Treffen mit Kerry in der Residenz des Londoner US-Botschafters in Regents Park. In Sachen Referendum werde Moskau strikt "den Willen der Menschen auf der Krim respektieren".

Kerry meinte dazu, die Absegnung eines entsprechenden Abstimmungsergebnisses durchs russische Parlament käme "einer Annexion der Krim durch die Hintertür" gleich. Moskau sehe sich vor "einer Entscheidung von enormer Konsequenz".

Auch die gegenwärtigen russischen Manöver an der ukrainischen Grenze kamen bei dem Treffen zur Sprache. Die USA seien "äusserst besorgt" über diese Truppen-Bewegungen, sagte Kerry. Lawrow versicherte, dass es keinerlei Pläne für eine militärische Intervention der Ukraine durch Russland gäbe. Der Amerikaner forderte den Russen darauf hin auf, den Worten Taten folgen zu lassen, und die Situation durch einen Truppen-Rückzug zu entkrampfen.

Kerry bedauerte nach seinem Treffen mit Lawrow vor allem, dass der russische Präsident Wladimir Putin erst nach dem Krim-Referendum weitere Entscheidungen treffen wolle. "Wir versuchen ja gar nicht, Russlands Rechte und Interessen in Frage zu stellen", sagte Kerry.

Gewiss gebe es betreffs der Krim "vollkommen legitime" historische und strategische Interessen Russlands. Auch darüber habe man ausführlich gesprochen. Nur müssten diese Dinge anders angegangen, müsse gleichzeitig ukrainische Souveränität gewahrt werden. Die Krim, meinte Lawrow an einer Stelle trocken, bedeute für Russland mehr als die Falklandinseln fürs Vereinigte Königreich.

Als unausweichlich betrachten beide Seiten nun offenbar das Referendum ebenso wie die von vielen Staaten angedrohten Sanktionen gegen Russland. In Europa soll bereits am Montag eine Konferenz der EU-Aussenminister grünes Licht für Strafmassnahmen geben.

Geplant ist zunächst ein Ein- und Durchreiseverbot für eine Reihe russischer Politiker, Unternehmenschefs und Staatsbeamter, die für die erwartete Übernahme der Krim durch Russland verantwortlich gemacht werden. Den Betreffenden soll zugleich der Zugang zu ihren Konten in der EU gesperrt werden. Auch die USA, Kanada und Japan haben diese "Hitliste" abgezeichnet.

Das Treffen zwischen Kerry und Lawrow war von bemühter Höflichkeit, aber auch von sichtlicher Distanz beider Seiten geprägt. Ein Handschlag vor den Flaggen beider Seiten gehörte mit zum Ritual. Ihre Abschluss-Erklärungen gaben die beiden Politiker allerdings in separaten Pressekonferenzen.

Kerry war vom US-Präsidenten nach London geschickt worden, um Lawrow dort zu einem letzten Einigungs-Versuch vorm Wochenende zu treffen. Er hatte Lawrow seit Beginn der Krim-Krise bereits mehrfach getroffen und vorige Woche praktisch täglich mit ihm telefoniert.

Vor seinem Treffen mit Lawrow am Freitag war John Kerry in London mit Premierminister David Cameron und dem britischen Aussenminister William Hague zusammen getroffen. Auch Cameron hatte betont, Ukrainer und Russen müssten miteinander reden: "Tun sie das nicht, dann muss es Konsequenzen geben." Minister Hague fügte am Freitag hinzu, das geplante Krim-Referendum erfülle "keinerlei internationale Normen oder Standards".