Wien. In dieser Woche absolviert Außenminister Sebastian Kurz seine diplomatisch bisher heikelsten Reisen: zuerst von Montag bis Donnerstag in Israel und dann ab Samstag in den Iran, um eine Reise von Bundespräsident Heinz Fischer vorzubereiten.
Der Fokus liegt auf Israel. "Nicht nur weil Österreich mit Israel gute Beziehungen pflegt, sondern auch, weil es um ein Signal hinsichtlich der historischen Verantwortung geht", hieß es aus dem Außenamt. Die Reise war bereits für den Vormonat avisiert worden, doch der Diplomatenstreik in Israel machte Kurz einen Strich durch die Rechnung.
Am heutigen Dienstag sind ein Besuch und eine Kranzniederlegung in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem geplant. Anschließend wird Kurz mit dem israelischen Außenminister Avigdor Lieberman und der Nahost-Chefverhandlerin Tzipi Livni zusammentreffen. Am Nachmittag wird Kurz vom israelischen Staatspräsidenten Shimon Peres in dessen Amtssitz empfangen.
Am Mittwoch steht ein Besuch in Ramallah auf dem Programm, wo Kurz den palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas (Abu Mazen) und Außenminister Riyad al-Maliki treffen wird.
Der darauf folgende Iran-Trip des Außenministers ist nicht ganz unumstritten. Da Kurz unmittelbar hintereinander in zwei miteinander verfeindete Länder reist, steht die Visite besonders im Fokus der Weltöffentlichkeit und gestaltet sich als Balanceakt. Vor den Persern, die Israel gerne als "kleinen Satan" bezeichnen, hatte vor einigen Wochen erst Israels Präsident Shimon Peres im Rahmen eines Staatsbesuchs in Wien gewarnt. Nach einem Treffen mit Fischer bezeichnete er die Islamische Republik als "das größte Problem unserer Zeit". Auch wenn seit Amtsantritt von Präsident Hassan Rohani nach außen hin neue Töne zu hören seien, warte Israel auf "Fakten und Taten."
Zudem erinnerte Peres daran, dass das geistliche Oberhaupt des schiitischen Gottesstaates, Ayatollah Ali Khamenei, erst in einer Rede zum iranischen Neujahrsfest im März erneut den Holocaust infrage gestellt hatte.
Kurz versuchte im Vorfeld, alle israelischen Bedenken auszuräumen. "Österreich wird jedenfalls sowohl die Situation der Menschenrechte als auch das Atomprogramm thematisieren", hieß es aus dem Ministerbüro.
Traditionelle Kontakte
Warum ist gerade Wien immer ein europäischer Vorreiter, wenn es um Teheran geht? Einerseits gibt es zwischen den beiden Ländern traditionell sehr gute Beziehungen. Österreich ist das einzige EU-Land, das in den vergangenen Jahren regelmäßig den iranischen Außenminister nach Wien einlud. Zudem gilt das österreichische Kulturforum in Teheran, ebenfalls ein Unikum, als Prestigeprojekt für die Belebung der bilateralen Beziehungen.
Historisch gesehen pflegte Österreich schon unter Bundespräsident Rudolf Kirchschläger und Bundeskanzler Bruno Kreisky immer gute Beziehungen zum Iran. Im Laufe der Jahre entwickelte sich Wien für die Perser zum politischen Tor zu Europa. Sogar während der Amtszeit des Hardliners Mahmoud Ahmadinejad war Österreich jenes EU-Land, das weiterhin Kontakt zu Teheran hielt.
"Ich habe immer gesagt, dass es sehr wichtig ist, den Dialog aufrechtzuhalten. Wir haben auch in Zeiten, als der Iran international isoliert war, das Gespräch gesucht. Daraus resultierend gibt es eine Gesprächs- und Vertrauensbasis, die sehr wichtig ist. Denn nur durch den permanenten Dialog kann man Krisen überwinden", erklärte der Präsident der Österreichisch-Iranischen Gesellschaft, Werner Fasslabend, im
Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
Kurz vor Eintreffens des Besuchs aus Österreich wiederholte Irans Ex-Präsident und Chef des mächtigen Schlichtungsrates, Ayatollah Ali Akbar Hashemi-Rafsanjani, seine Forderung vom März. Er forderte die EU dazu auf, bei weltpolitischen Fragen nicht immer nach der Pfeife der USA und Israels zu tanzen. Der Iran sei bereit und gewillt, den Atomstreit bis Juli zu lösen und, sofern seine Rechte nicht angetastet würden, Entgegenkommen zu zeigen. "Wir haben nichts zu verstecken", betonte der 80-jährige Kleriker laut iranischen Medien. Die EU müsse aber unabhängig agieren. Fehler der Vergangenheit, die unter dem Einfluss anderer zustande gekommen seien, dürften nicht wiederholt werden. "Als eine der führenden Energielieferanten muss unsere Region, also der Mittleren Osten, ruhig und stabil sein. Der Iran ist angesichts seiner geografischen, historischen und politischen Bedeutung die Achse der Sicherheit in der Region", erklärte Rafsanjani.
Hinsichtlich der jüngsten Atomgespräche forderte Rafsanjani, dass die EU nun auch die Bereitschaft zeigen müsse, auf den Iran zuzugehen. "Wir wollen auch keine Atomwaffen. Diese dienen nur dazu, Menschen zu schaden - und das ist gegen unsere Werte und unsere Religion. Der Oberste Führer, Ayatollah Ali Khamenei hat ein islamisches Rechtsgutachten herausgegeben und Atomwaffen als ,haram (nach islamischem Recht verboten, Anm.) deklariert. Wir werden alle offenen Fragen beantworten. Die andere Seite muss aber auch guten Willen zeigen", forderte er.