Zum Hauptinhalt springen

Samaras besteht Stimmungstest

Von WZ-Korrespondent Ferry Batzoglou

Politik
Im Ballungsraum Athen (Bild: Bürgerin nach der Stimmabgabe im Bezirk Elliniko) schaffte Syriza den Sprung auf Platz zwei.
© reu/Y. Karahalis

Bei griechischen Kommunalwahlen enttäuscht Syriza, Goldene Morgenröte zieht in alle dreizehn Regionalvertretungen ein.


Athen. Um exakt fünf Minuten vor Mitternacht tritt Griechenlands Premier Antonis Samaras an diesem lauen Sonntagabend in der Athener Parteizentrale der konservativen Regierungspartei Nea Dimokratia (ND) an der stark frequentierten Syngrou-Straße vor die versammelten Journalisten. Sein Statement zu den Wahlen in den landesweit 325 Städten sowie dreizehn Regionalverwaltungen fällt lapidar aus. "Unsere Partei hat sehr positive Ergebnisse erzielt", sagt Samaras. Die Regierungskoalition konnte immerhin die Provinzen halten. Umgehend richtet Samaras den Blick auf die Europawahlen: "Hellas muss am nächsten Sonntag beweisen, dass es die Stabilität aufweist, die ihm gebührt. Es liegt in der Hand der Griechen, ob das Land mit festen Schritten nach vorne schreitet oder rückwärts rollt."

Fast zehn Millionen wahlberechtigte Griechen waren zu dem Urnengang aufgerufen. Beobachter sprachen im Vorfeld von einem Stimmungstest für die Athener Koalition aus ND und Pasok-Sozialisten. Die führende Oppositionspartei "Bündnis der Radikalen Linken" ("Syriza") unter Alexis Tsipras, der zugleich symbolträchtig als Spitzenkandidat der Europäischen Linken bei den Europawahlen fungiert, hatte die Wahlserie im Mai demonstrativ gar zu einem "Volksentscheid" gegen Samaras’ rigorosen Sparkurs erklärt. Die nüchterne Bilanz der Wahlen sieht bis dato hingegen anders aus. Samaras und Co. können aufatmen. Sie sind mit einem blauen Auge davongekommen. Wer glaubte, die griechische Regierung würde von den Griechen in Bausch und Bogen abgestraft, der irrte gewaltig. Zwar gelang Syriza in der Hauptstadt Athen mit seinen 477.771 Wahlberechtigten - bei einer Wahlbeteiligung von 49 Prozent - mit dem Nachwuchs-Politiker Gavril Sakellaridis mit 20 Prozent der Stimmen überraschend der Sprung auf Rang zwei. In der Stichwahl am nächsten Sonntag gilt jedoch der amtierende Bürgermeister Georgios Kaminis, der von der Pasok unterstützt 21 Prozent auf sich vereinte, als Favorit. Die ND muss bei der Stichwahl hingegen zuschauen - ein Novum nach dem Ende der Obristendiktatur 1974.

Zudem hatte die Syriza-Politikerin Rena Dourou bei der Regionalwahl im Großraum Athen mit seinen 2,8 Millionen Wahlberechtigten unerwartet mit knapp 24 Prozent die Nase vor dem bisherigen, aus der Pasok stammenden Regionalchef Jannis Sgouros (22 Prozent). Auch hier kommt es am Sonntag zu einer Stichwahl.

Gleichwohl: In den restlichen elf der dreizehn Regionen schafften es ND-Kandidaten in die Stichwahl. In der Regionalverwaltung Epirus machte der ND-Kandidat den Sack schon im ersten Wahlgang zu. Syriza hat dagegen nur vier Kandidaten in den Regionen in der Stichwahl. Davon haben aber bestenfalls nur zwei Chancen auf einen Wahlsieg.

Sieht man von Athen ab, blieb Syriza zudem in den übrigen griechischen Metropolen weit hinter den eigenen hochgesteckten Erwartungen zurück. In der Hafenstadt Piräus kommt es zum Duell des vom einflussreichen Reeder und Eigner von Großklub Olympiakos Piräus, Evangelos Marinakis, unterstützten Politik-Neulings Jannis Moralis gegen den ND-Bürgermeister Vassilis Michaloliakos. In Thessaloniki ist in der erforderlichen Stichwahl Stadtoberhaupt Jannis Boutaris, der unter anderem von der Pasok unterstützt wird, klarer Favorit gegen den lokalen ND-Kandidaten.

Doch damit nicht genug: Überdies ging Syriza in weiteren elf größeren Städten, die auf Anhieb einen Bürgermeister wählten, völlig leer aus - auch hier dominierten Kandidaten aus dem Regierungslager. Einziger Trost für Tsipras: In der Gemeinde Aristoteles in Chalkidiki gewann der von Syriza unterstützte Jannis Michos bereits im ersten Wahlgang. Das dürfte weitreichende Folgen haben. Denn im Gegensatz zu seinem vom Regierungslager unterstützten Vorgänger Christos Pachtas spricht er sich gegen die Förderung von umfangreichen Goldvorkommen in der Region aus. Die kanadische Firma El Dorado hatte sie zuletzt trotz massiver Bürgerproteste vorangetrieben.

Die rechtsextreme Goldene Morgenröte ("Chrysi Avgi") zog mit einem Stimmenanteil von bis zu elf Prozent erstmals in die dreizehn Regionalvertretungen in Griechenland ein - und das, obwohl deren Parteispitze nach dem Mord an einem linken Hip-Hop-Musiker wegen des Vorwurfs der Bildung einer kriminellen Vereinigung in U-Haft sitzt.

"Die Schlange ist geschlüpft"

Hatte die Morgenröte im Herbst 2010 bei landesweiten Wahlen ausschließlich in Athen mit 5,29 Prozent einen Sitz ergattert, vereinte der Morgenröte-Kandidat Ilias Kasidiaris diesmal alleine in der griechischen Hauptstadt fulminante 16 Prozent der Stimmen auf sich. Kasidiaris frohlockte: "Die Goldene Morgenröte ist der wahre Sieger der Wahlen! Das ist der Vorbote des großen Sieges bei den Europawahlen." Die linksliberale Athener Zeitung "Ethnos" titelt: "Die Schlange ist aus dem Ei geschlüpft."