
Frankfurt. (red) Es geht nicht mehr um das Ob, sondern eigentlich nur noch um das Wie. Welche Instrumente wird das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) bei seiner Zinssitzung am Donnerstag beschließen, um die drohende Deflation in den Griff zu bekommen und die noch immer zaghafte konjunkturelle Erholung in der Eurozone anzukurbeln? Dass sie bereit sind, auch außergewöhnliche Schritte zu setzen, haben die Notenbanker in den vergangenen Wochen so deutlich wie selten zuvor klargemacht. Und die Auswirkungen werden in jedem Fall auch die Verbraucher zu spüren bekommen. Ein Überblick über die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welche Schwierigkeiten in der Eurozone will die EZB bekämpfen?
Den Währungshütern um EZB-Präsident Mario Draghi ist die Inflation in der Eurozone zu niedrig. Laut der am Dienstag vom EU-Statistikamt Eurostat veröffentlichten Schätzung lag die Teuerung im Mai bei lediglich 0,5 Prozent und damit gefährlich nahe an der Deflation. Die EZB strebt hingegen eine Inflationsrate von knapp unter zwei Prozent an. Eine Deflation stellt eine massive Bedrohung für den wirtschaftlichen Aufschwung dar. Denn wenn Unternehmen und Privatpersonen Investitionen aufschieben, weil sie auf noch weiter sinkende Preise hoffen, könnte das eine konjunkturelle Abwärtsspirale in Gang setzen, die sich kaum aufhalten lässt. Ein Dorn im Auge der Währungshüter ist außerdem die derzeit zögerliche Kreditvergabe in den Krisenstaaten Südeuropas. Das bekommen vor allem kleine und mittlere Unternehmen zu spüren. Ein Problem ist auch der zuletzt sehr starke Euro. Eine starke Gemeinschaftswährung verteuert Exporte und verbilligt Importe und hemmt dadurch ebenfalls das Wachstum. Nach 1,39 US-Dollar Anfang Mai notierte der Euro zuletzt bei 1,36.
Was wird bei der EZB-Zinssitzung am Donnerstag passieren?
Als so gut wie sicher gilt, dass die Währungshüter den mit 0,25 Prozent derzeit schon historisch tiefen Leitzins für die Eurozone weiter reduzieren. Analysten gehen von einem Absenken des Zinssatzes, zu dem sich die Banken bei der EZB mit Geld versorgen, auf 0,15 oder 0,10 Prozent aus. Denkbar ist auch, dass das Direktorium einen negativen Einlagezins für die Geldreserven beschließt, die die Banken bei der EZB zwischenlagern. Experten rechnen mit einem Strafzins zwischen 0,1 und 0,15 Prozent. Spekuliert wurde in den vergangenen Wochen zudem über zweckgebundene Notenbank-Kredite. Um sich Geld bei der Zentralbank zu leihen, müssten Geschäftsbanken dann nachweisen, dass sie es auch für Kredite an Unternehmen verwenden. Auch könnte die EZB sich dazu entschließen, verbriefte Unternehmenskredite aufzukaufen, um die Kreditvergabe anzukurbeln. Im Gespräch sind außerdem groß angelegte Anleihekäufe durch die EZB.