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Erdbeben in der Regierungspartei

Von WZ-Korrespondentin Karin Rogalska

Politik

Der slowakische Premier Robert Fico, lange unangefochtener Strahlemann, kommt immer weniger beim Volk an.


Bratislava. Er strebe eine gute Zusammenarbeit mit Andrej Kiska an, um der Öffentlichkeit zeitgemäße Lösungen anbieten zu können. Scheinbar im Vorübergehen kommentierte der slowakische Ministerpräsident Robert Fico die Amtseinführung des neuen Staatsoberhaupts Mitte Juni. Doch der Premier ist schwer gezeichnet von der bisher schwersten Niederlage seiner Laufbahn. Diese fügte ihm Ende März ausgerechnet der Politneuling Kiska zu. Vergleichsweise locker machte er das Rennen um das höchste Amt im Staat, auf das Fico die vergangenen fünf Jahren intensiv hingearbeitet hatte.

Dabei hatte der Sozialdemokrat seit den vorgezogenen Parlamentswahlen im April 2012, nach denen er als erster slowakischer Premier ohne Koalitionspartner regieren konnte, als unangefochtener Strahlemann gegolten. In jüngster Zeit kommt er jedoch mit seinem Verständnis von Volksnähe, das sich unter anderem in dauerhaft niedrigen Energiekosten für Privatverbraucher niederschlägt, nicht mehr wie gewohnt an. Laut jüngsten Umfragen würden sich nur noch 32 Prozent aller Wahlberechtigten für ihn entscheiden.

Vor allem gilt Ficos Einparteienregierung, von der sich viele zunächst Stabilität versprachen, als Marionette der mächtigsten Finanzgruppen des Landes, ganz vorneweg J&T und Penta. Die Slowakei ist zuletzt in Korruptionsstatistiken deutlich zurückgefallen. Insbesondere hier punktet der Millionär Andrej Kiska, der mit einem Großteil seines Vermögens gemeinnützige Projekte unterstützt.

Sympathien kostet den Regierungschef auch das vehemente Eintreten für die Interessen Russlands während der Ukraine-Krise. In den Bereichen Bildung und Gesundheitswesen sind anders als von Fico vor der Wahl versprochen kaum Verbesserungen zu spüren, es fehlt an Signalen zur Integration der Roma. Und nicht nur die Anhänger Kiskas tragen dem Ministerpräsidenten nach, dass er vor der Stichwahl um den Einzug in den Präsidentenpalast mit allerhärtesten Bandagen kämpfte, indem er den späteren Wahlsieger etwa intensiver Verbindungen zur Scientology bezichtigte.

Fico, der bei dem von ihm ins Amt gehievten Kiska-Vorgänger Ivan Gasparovic fast alle seine Gesetzesvorhaben durchdrücken konnte, hat in dieser Situation die Flucht nach vorne angetreten. Seit Wochenbeginn spekulieren die slowakischen Medien über ein großes Aufräumen in der Regierungspartei Smer-SD. Eingeläutet wurde es vergangene Woche von Kulturminister Marek Madaric, seit Jahren Ficos rechte Hand in ideologischen Fragen. Er trat als stellvertretender Vorsitzender der Smer-SD zurück. Diesen Samstag soll er bei einem außerordentlichen Parteitag wieder in diese Funktion gewählt werden. Das aber macht er "von tiefgreifenden Veränderungen in unseren Reihen" abhängig.

Definitiv muss Bildungsminister Dusan Caplovic seinen Hut nehmen. Gehen muss auch der parteilose Wirtschaftsminister Malatinsky. Beiden wird zu große Nähe zu Lobbyisten und Finanzgruppen vorgeworfen. Schwer angeschlagen ist mit Vladimir Manka der Sprecher der slowakischen Sozialdemokraten im Europaparlament. Er erlitt bei den jüngsten Regionalwahlen eine bittere Niederlage, als er es nicht an die Spitze des Verwaltungsbezirks Banska Bystrica schaffte.

Beim Parteitag steht auch die inhaltliche Arbeit seit dem Machtwechsel vor zwei Jahren auf dem Prüfstand. Der Regierungschef sei "äußerst unzufrieden mit unseren bisherigen Ergebnissen", so die stellvertretende Parteivorsitzende Renata Zmajkovicova. In den nächsten beiden Jahren wolle er den Wählern endlich das sichere Lebensgefühl verschaffen, das er ihnen 2012 versprochen habe.