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Putin attackiert Westen und zieht Vergleich zu Irak-Krise

Von Teresa Reiter

Politik

Ukrainischer Präsident Poroschenko nahm Kämpfe gegen prorussische Separatisten wieder auf.


Kiew. Nach der Beendigung der Waffenruhe hat die Ukraine die Kämpfe gegen die prorussischen Separatisten im Osten des Landes wieder aufgenommen. "Die Entscheidung, die Waffenruhe nicht zu verlängern, ist unsere Antwort an Terroristen, Militante und marodierende Banden", erklärte der ukrainische Präsident Poroschenko in einer TV-Ansprache. "Wir werden angreifen und unser Land befreien." Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande hatten am Wochenende an die Regierung der Ukraine appelliert, die Waffenruhe zu verlängern. Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine werden nach Angaben französischer Diplomaten am Mittwoch in Berlin zu einem Vierertreffen zum Ukraine-Konflikt zusammenkommen.

Bereits wenige Stunden nach Poroschenkos Ankündigung begann die ukrainische Armee Straßensperren und Stützpunkte im Osten zu attackieren, die seit April von den Separatisten gehalten werden. In der Umgebung der Separatistenhochburg Slawjansk war Artilleriefeuer zu hören. Aus dem ukrainischen Verteidigungsministerium hieß es, durch Angriffe aus der Luft und zu Lande, könne man die Pläne der Terroristen, eine gewaltsame Eskalation herbeizuführen, durchkreuzen und Zivilisten und Soldaten schützen. Während der Feuerpause waren 27 Soldaten gestorben. Poroschenko erklärte, die Ukraine wäre jederzeit bereit, die Waffenruhe wieder aufzunehmen, jedoch nur unter der Bedingung, dass alle Geiseln freigelassen werden und effektive Grenzkontrollen zwischen Russland und der Ukraine eingerichtet werden.

Unterdessen kritisierte der russische Präsident Wladimir Putin das Verhalten der westlichen Staaten in der Ukraine-Krise scharf. In einer diplomatischen Grundsatzrede warf Putin dem Westen am Dienstag in Moskau vor, die gesamte Region destabilisieren zu wollen. Er verglich die Lage in der Ukraine mit jener im Irak, Libyen und Syrien, die aufgrund "externer Interventionen" am Rand des Zerfalls stünden.

EU zögert mit neuen Sanktionen

Der Westen wiederum wirft dem Kreml vor, die Aufständischen zu unterstützen. Bereits in der Vorwoche hatten Europas Staats- und Regierungschefs Russland ein Ultimatum bis inklusive Montag gestellt, um eine Deeskalation auf den Weg zu bringen. Vonseiten der EU hieß es am Dienstag, man intensiviere die Vorbereitung von wirtschaftlichen Sanktionen gegen Moskau, wolle die Lage aber weiter beobachten und mit einem Beschluss bis Montag warten.

Dennoch dürfe man die Zurückhaltung der EU nicht fehlinterpretieren, sagte der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble. "Man sollte unsere klare Position, dass wir an Partnerschaft und nicht an Sanktionen interessiert sind, nicht falsch verstehen", sagte er in Berlin. Das internationale Recht gelte auch für Russland.

Deutschland sei bereit, weitere Strafmaßnahmen gegen Russland mitzutragen, so Wladimir Putin keine Bereitschaft zeigt, produktiv zu einer friedlichen Lösung beizutragen. Bisherige Sanktionen beinhalten vor allem das Einfrieren des Vermögens von 22 Personen, die dem alten ukrainischen Regime nahestehen, sowie Reisebeschränkungen. Sollte die Situation in der Ostukraine sich bis Montag nicht beruhigen, könnte die EU zum ersten Mal Importverbote gegen russische Luxusgüter, wie etwa Pelz oder Kaviar, beschließen. Auch eine Beendigung des Waffenhandels zwischen der EU und Russland oder ein Einfuhrverbot für russische Kohle seien Optionen.

Der Internationale Währungsfonds warnte am Dienstag, dass Russland als Konsequenz der Ukraine-Krise und den drohenden Sanktionen heuer auf eine Rezession zusteuere und sagte der Wirtschaft des Landes ein Wachstum von nur noch 0,2 Prozent voraus.