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Wachstum im Wettstreit mit Stabilität

Von WZ-Korrespondentin Martyna Czarnowska

Politik

Finanzminister der EU setzen Debatte um Regeln für mehr Budgetdisziplin fort.


Brüssel. Wie flexibel darf es denn sein? Die Auslegung der Regeln für mehr Haushaltsdisziplin sorgt unter den EU-Mitgliedern weiterhin für Meinungsunterschiede. Denn manche Staaten drängen darauf, die im Stabilitäts- und Wachstumspakt fixierten Vorgaben dehnbarer zu interpretieren, als es andere Länder gerne hätten. An den Parametern selbst solle zwar nicht gerüttelt werden, aber deren Gestaltungsraum sollte größer sein.

Von der Notwendigkeit dessen ist beispielsweise Italien überzeugt, das soeben den EU-Vorsitz für das laufende Halbjahr übernommen hat. Rom will das Treffen der Finanzminister der EU am heutigen Dienstag dazu nutzen, eine Debatte über die Auslegung der Flexibilität des Paktes zu führen. So sollte der Bewegungsspielraum geklärt und später ein Zeitrahmen für die Festlegung entworfen werden. Italien gehört - wie Frankreich - zu jenen Staaten, die sich dafür einsetzen, im Gegenzug für Reformen mehr Zeit zum Abbau des Budgetdefizits erhalten zu können. Denn so könne die Wirtschaft angekurbelt werden. "Wir haben wieder Stabilität, nun brauchen wir Wachstum", fasste es Premier Matteo Renzi in der Vorwoche bei seinem Auftritt vor dem EU-Parlament zusammen. Sein Stabschef Graziano Delrio hatte kurz zuvor gegenüber der Zeitung "Corriere della Sera" vorgerechnet, dass eine flexible Anwendung des EU-Paktes in seinem Land geschätzte zehn Milliarden Euro jährlich mehr an öffentlichen Investitionen bringen könnte. So würden sieben Milliarden Euro allein dadurch frei werden, wenn der Eigenanteil des Staates für EU-finanzierte Infrastrukturprojekte aus der Berechnung des Defizits rausgehalten werde. Solch eine Variante wird in der EU-Kommission allerdings mit Skepsis betrachtet.

Damit wird eine Diskussion fortgesetzt, die bereits beim Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs vor eineinhalb Wochen präsent war - auch wenn der Streit darüber damals etwas entschärft wurde. Mit der Formulierung im Schlussdokument, dass die in den Budgetbestimmungen bereits vorgesehene Flexibilität "auf die beste Weise" angewendet werden sollte, konnte auch Deutschland zufrieden sein. Einer Aufweichung der Regeln hingegen hätte Berlin nicht zugestimmt.

Das wiederholte Finanzminister Wolfgang Schäuble auch vor dem Treffen mit seinen Amtskollegen. Der "Pfad der finanzpolitischen Konsolidierung" müsse fortgesetzt werden, stellte er klar. Ähnlich wird dies in Wien gesehen. Es sei "ganz wichtig", dass die Regeln nicht geändert werden, sagte Finanzstaatssekretär Jochen Danninger, der bei der Zusammenkunft in Brüssel Österreich vertritt. Gleichzeitig warnte er vor einer "überbordenden Flexibilisierung".

Kredit für Athen

Konkreter verläuft da die Debatte um die Griechenland-Hilfen, die bereits gestern, Montag, auf der Tagesordnung der Minister der Eurogruppe stand. Die Zustimmung der Politiker zur Auszahlung einer weiteren Kredittranche in Höhe von einer Milliarde Euro war dabei eine Formalsache. Athen habe nämlich mittlerweile alle Bedingungen dafür erfüllt.