Berlin. Bei den Landtagswahlen in den deutschen Bundesländern Thüringen und Brandenburg am Sonntag steht möglicherweise eine Premiere an. In Thüringen hat mit Bodo Ramelow erstmals ein Politiker der Linkspartei die reelle Chance, Ministerpräsident zu werden. In Brandenburg spricht dagegen nach Umfragen viel dafür, dass die jetzige rot-rote Landesregierung bestätigt wird und Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) im Amt bleibt.

In Thüringen erreicht zwar die dortige CDU/SPD-Koalition unter der Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) auch in Umfragen eine Mehrheit. Aber das Verhältnis zwischen den Partnern gilt als angespannt, und die SPD hält sich andere Koalitionsoptionen offen. Zudem hat auch die Bundes-SPD nach der Bundestagswahl einen Schwenk vollzogen und sich zur Linkspartei geöffnet. "Der Landesverband ist komplett frei in seiner Entscheidung", hatte unlängst SPD-Vize Ralf Stegner in einem Interview gesagt. "Nichts davon ist Untergang oder Verheißung", sagte Stegner. "Das ist eine pragmatische Entscheidung."

Ramelow erleichtert den Thüringer Sozialdemokraten zudem mit seinem betont pragmatischen Kurs einen möglichen Partnerwechsel. Grundsätzliche Kritik an der SPD, wie vom fundamentalistischen Flügel seiner Partei, ist von dem 58-Jährigen nicht zu hören. Trotzdem ziert sich die SPD bisher, als Juniorpartner ein Bündnis mit den Linken zu bilden. Erschwerend kommt hinzu, dass seit einiger Zeit Rot-Rot in Umfragen nicht mehr auf eine Regierungsmehrheit kommt. Deswegen müssten die Grünen mit ins Boot. Die sind zwar grundsätzlich dazu bereit, aber werden natürlich ihre Bedingungen stellen, was eine Regierungsbildung erschweren dürfte.

Zuerst muss die Öko-Partei aber die Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug in den Landtag schaffen. Umfragen zufolge erreichen die Grünen diese Marke derzeit haarscharf. In Brandenburg werden ihnen hingegen sechs Prozent prognostiziert.

Liberaler Abgrund

Die FDP hat die Wahlen so gut wie abgehakt. Umfragen sehen sie in den beiden ostdeutschen Bundesländern bei weit unter fünf Prozent, sodass die Liberalen nach Sachsen aus zwei weiteren Landesparlamenten fliegen dürften. Die FDP-Spitze sieht darin aber kein Vorzeichen für ein endgültiges Aus. So wie einige Wahlforscher geht auch Parteichef Christian Lindner davon aus, dass sich an den drei Wahlen im Osten nicht das Schicksal der FDP im Bund entscheiden wird.

Auswirkungen könnten die Wahlen auf den Bundesrat haben. Sollte in Thüringen Schwarz-Rot weiterregieren und dann auch in Sachsen das Ruder übernehmen, würde die große Koalition aus CDU/CSU und SPD mit 35 von 69 Stimmen erstmals auch über eine Mehrheit in der Länderkammer verfügen. Damit hätten vor allem die in sieben Ländern mitregierenden Grünen das Nachsehen, denn sie verlören einen wichtigen Hebel, um die Bundespolitik zu beeinflussen.