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Kurz besucht Serbien, bevor Putin folgt

Von WZ-Korrespondentin Marijana Miljkovic

Politik

Belgrad. Noch wird Serbien gelobt. Am Mittwoch stellte der scheidende EU-Erweiterungskommissar Stefan Füle die Fortschrittsberichte für die Westbalkanstaaten vor und attestierte dabei dem Beitrittskandidaten gutes Vorankommen. Doch je näher der 16. Oktober rückt, desto unerfreulicher könnte die Stimmung werden. Denn dann wird der russische Präsident Wladimir Putin in Belgrad erwartet. Dabei soll auch eine Militärparade stattfinden. Diese wird laut offizieller Diktion zwar zur Feier der Befreiung Belgrads im Zweiten Weltkrieg abgehalten, doch in Serbien spricht man bereits von einem Affront gegen die EU und deren Sanktionen gegen Russland.

Österreichs Außenminister Sebastian Kurz, der am Mittwoch Serbien besuchte, stört sich nicht daran: "Die Position Serbiens zur Ukraine ist sehr klar. Premier Aleksandar Vucic und das serbische Volk sind auf dem Weg zur EU, und das ist das, was zählt." Vucic sagte dazu: "Wir sind stolz auf unsere antifaschistische Vergangenheit, auch in Anwesenheit unseres Gastes." Serbien ist wegen seiner standhaften pro-russischen Haltung großem Druck der EU ausgesetzt, will aber die Position zwischen zwei Stühlen nicht aufgeben. Russland beherrscht den Gasmarkt im Land und soll auch mit dem Pipelineprojekt South Stream für einen Investitionsschub sorgen. Serbien hält Russland auch dann die Stange, wenn Kritiker darauf verweisen, dass die EU dem zukünftigen Mitgliedsstaat viel mehr Mittel geschenkt habe als Russland.

Parallele zu Ungarn

Die Zuwendung Serbiens zu Russland und in jüngster Zeit auch zu China und den Vereinigten Arabischen Emiraten wird klarer, wenn man Serbiens Aufholbedarf in allen Bereichen - von Rechtsstaatlichkeit bis zur Infrastruktur - bedenkt. Serbien erhielt im Vorjahr 208 Millionen Euro aus dem Vor-Beitrittsfonds IPA. Dabei geht es um Finanzhilfen für den Aufbau von Institutionen. Im Vergleich dazu hat das EU-Mitglied Ungarn, das wie kein anderes Land der EU unter Beschuss ist, einen "Partnerschaftsvertrag" mit Brüssel abgeschlossen, wonach es zwischen 2014 und 2020 mit knapp 22 Milliarden Euro dabei unterstützt wird, die Wirtschaft anzukurbeln.

Der Vergleich zwischen Ungarn und Serbien wurde in der Vergangenheit immer wieder gezogen, jedoch nicht wegen der Finanzmittel, sondern wegen der Einschränkung der Medienfreiheit. Auch in ihrem aktuellen Fortschrittsbericht zu Serbien äußert die EU ihre "Sorge wegen der Verschlechterung der Bedingungen zur freien Meinungsäußerung". Die EU-Kommission kritisiert den Mangel an Transparenz bei Eigentumsverhältnissen, Inseratenvergabe und Medienfinanzierung und stellte eine "Neigung zur Selbstzensur" fest. Erst vergangene Woche stellte der unabhängige TV-Sender B92 eine politische Talkshow ein. Journalistenorganisationen machten sofort Premier Vucic als Verantwortlichen dafür aus.