Erfurt. Die SPD-Spitze in Thüringen will eine rot-rot-grüne Koalition eingehen und damit dem bundesweit ersten Ministerpräsidenten der Linkspartei in den Sattel verhelfen. Der Geschäftsführende Landesvorstand hat am Montag Abend die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit Linkspartei und den Grünen empfohlen. Dann sollen die gut 4000 SPD-Mitglieder bis zum 3. November entscheiden, ob sie Rot-Rot-Grün zustimmen. Die Thüringer SPD-Basis ist in der Frage zwar gespalten, erfahrungsgemäß widersetzt sich die Basis der Parteispitze aber nicht. Somit hat der Spitzenkandidat der Linkspartei, Bodo Ramelow, sehr gute Chancen, zum Regierungschef des Bundeslandes gewählt zu werden.
Ramelow zeigte sich überzeugt, dass ein rot-rot-grünes Bündnis trotz der knappen Mehrheit von nur einer Stimme im Landtag stabil regieren könne. Ihn mache die Qualität der Sondierungen zuversichtlich, dass eine solche Koalition halten werde, sagte er Reuters: "Da ist viel Vertrauen entstanden".
Seit der Wahl Mitte September hatten die Sozialdemokraten in mehreren Gesprächsrunden sowohl die Chancen für ein rot-rot-grünes Bündnis als auch für eine Neuauflage von Schwarz-Rot ausgelotet. Nach fünf Jahren gemeinsamer Regierung erteilt sie nun einer Koalition mit der CDU unter Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht eine Absage. Die Sozialdemokraten waren bei der Landtagswahl im September auf gut zwölf Prozent abgestürzt. Die SPD wurde weit hinter CDU und Linkspartei nur drittstärkste Kraft. Ihr kam dennoch die Rolle der Königsmacherin zu, weil die CDU und Linke eine Koalition ausgeschlossen haben.
Hintergedanken
Mit der Hilfe für die Linke will die Bundes-SPD ihre Chancen verbessern, ab 2017 den Bundeskanzler zu stellen. "Rot-Rot-Grün könnte eine Normalisierung insoweit bedeuten, dass es die moderaten Kräfte in der Linkspartei stärkt und die Desperados ein wenig schwächt", hieß es in der Spitze der Bundes-SPD. "Und das wiederum ist eine Voraussetzung dafür, dass man überhaupt reden kann mit der Linkspartei auf Bundesebene." Ähnliches ist in der Berliner Spitze der Linkspartei zu hören. "Damit werden natürlich die Reformer gestärkt", hieß es dort. Damit gewänne dann der Parteiflügel an Gewicht, der offener als die streng sozialistischen Fundamentalisten für eine Zusammenarbeit mit der SPD ist.
Eine Eintrübung der Stimmung in der Großen Koalition aus Union und SPD auf Bundesebene wird bei den Sozialdemokraten nicht befürchtet. "Der Groll, dass die ein weiteres Ministerpräsidentenamt verliert, wird sich legen", heißt es zuversichtlich. In der SPD gibt es Stimmen, die Rot-Rot-Grün in Thüringen als eine Voraussetzung sehen, das vor allem durch Differenzen in der Außen-und Sicherheitspolitik belastete Verhältnis zur Linkspartei zu entspannen. Wenn die SPD nach 2017 den Kanzler stellen wolle, müsse sie schon jetzt zu allen Oppositionsparteien so gute Beziehungen haben, dass eine Koalition nicht von vorneherein ausgeschlossen sei. Andernfalls sehe es schlecht aus: "Wenn wir keine realen Machtoptionen haben, wählen uns die Leute nicht", so ein SPD-Spitzenmann.