Kiew/Moskau/Wien. (leg/apa) Die Inszenierung hatte etwas Großes, Prunkvolles: Reiter in Kosakenuniformen hatten sich aufgestellt, bewaffnete Wachen mit Fellmützen standen vor dem Theatergebäude Spalier. Alles wartete auf Alexander Sachartschenko, den Chef der prorussischen Separatisten, der eben die Wahlen in der selbsternannten "Volksrepublik Donezk" gewonnen hatte. Wie bei den Inaugurationsfeiern in Moskau schritt auch Sachartschenko in Donezk die Garde ab. Auf der Bühne des zentralen Theaters legte der 38-Jährige seinen Amtseid als "Präsident" der von Kiew abtrünnigen Volksrepublik ab. Im Hintergrund standen Wachen in prunkvollen Uniformen. Alles war in Schwarz-Blau-Rot getaucht, in die Farben der "Volksrepublik". Und auch Sachartschenko trug eine breite Schärpe in Schwarz-Blau-Rot: Eine Inszenierung, die eher an die Inauguration eines russischen Präsidenten erinnerte als an die eines Vorstehers einer Mini-Republik, die nicht einmal das gesamte Gebiet des früheren ukrainischen Oblast Donezk umfasst. Auch in Lugansk wurde mit Igor Plotnizki ein eigener Republikchef vereidigt.

Kiew will sich Regionen in Ostukraine "zurückholen"

Ohne Folgen für die zuletzt beruhigte Lage in der Ukraine dürften die Zeremonien nicht bleiben: Die ukrainische Regierung sieht sich durch die Wahlen, die die Rebellen in den abtrünnigen Gebieten abgehalten haben, provoziert. Kiew bekräftigte, einen Zerfall des Landes nicht zu akzeptieren. "Tatsächlich sind einige Regionen der Ostukraine unter Kontrolle von pro-russischen Terroristen und russischen Truppen. Das sind aber ukrainische Regionen und wir werden sie uns zurückholen", sagte Außenminister Pawlo Klimkin der deutschen "Bild"-Zeitung. Am Dienstag ist im ukrainischen Parlament auf Initiative des Chefs der Radikalen Partei, Oleh Ljaschko, bereits ein Antrag auf die Abschaffung jenes Gesetzes eingebracht worden, das den Separatisten für drei Jahre eine Teilautonomie und Amnestie gewährt. Präsident Petro Poroschenko hatte ihnen am Montagabend bereits damit gedroht, das Gesetz zurückzunehmen und den Friedensprozess aufzukündigen.

Besonders beeindruckt zeigten sich die Separatisten davon bisher nicht: Separatistenführer Denis Puschilin bezeichnete Poroschenkos Drohung als "hysterischen Anfall". Das Gesetz funktioniere sowieso nicht, meinte er. Die Rebellen warnten die Zentralregierung in Kiew mit Nachdruck vor einem Scheitern des Dialogs. Die prowestliche Führung in Kiew habe "die Menschen im Donbass zu lange im Unklaren gelassen", sagte Puschilin. Daher hätten die Aufständischen handeln und selbst Wahlen organisieren müssen. Der Urnengang wurde vom Westen nicht anerkannt. Auch UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon übte Kritik. "Die sogenannten Wahlen im Osten des Landes am vergangenen Sonntag sind eine unglückliche und kontraproduktive Entwicklung", sagte Ban in Wien. Moskau hatte die Wahlen anerkannt und von Kiew einen "gleichberechtigten Dialog" mit den Separatisten eingefordert. Klimkin forderte daraufhin die EU zu einer Verschärfung ihrer Sanktionen gegen Russland auf. In Europa könnte der Ukrainer dabei auf offene Ohren stoßen: Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel kann sich laut ihrem Sprecher Steffen Seibert eine neue EU-Sanktionsrunde vorstellen - "wenn sich die Lage verschärft".

Österreich will keine Verschärfung der Sanktionen

Weniger sanktionsbereit zeigt sich die neue EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Sie äußerte Zweifel an der Wirksamkeit solcher Strafmaßnahmen. Diese hätten zwar einen spürbaren Einfluss auf die russische Wirtschaft, sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" vom Dienstag. "Aber die offene Frage ist immer noch, ob Moskau seine Politik deshalb ändern wird." An den jetzigen Sanktionen festhalten will Mogherini dennoch. Zwar wäre es "großartig, Sanktionen abzubauen". Voraussetzung hierfür sei aber, dass die Krise in der Ukraine beigelegt sei. "Und das ist sie nicht."

Die österreichische Regierung trtt gegen neue Russland-Sanktionen der EU auf: Kanzler Werner Faymann verwies darauf, dass es eine gemeinsame EU-Position, die Wahlen in den ostukrainischen Rebellengebieten nicht anzuerkennen, schon gebe. Man halte Gespräche unter Einbeziehung Russlands für den richtigen Weg. Auch Vizekanzler Reinhold Mitterlehner hält von einer Verschärfung der derzeitigen Sanktionen "relativ wenig".